§ 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist eine arbeitsrechtliche Vorschrift, die einen wichtigen Ausnahmetatbestand zum Grundsatz „Ohne Arbeit, kein Lohn“ darstellt. Sie regelt, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist – ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Diese Norm ist insbesondere in Situationen relevant, in denen andere gesetzliche Regelungen wie das Entgeltfortzahlungsgesetz oder das Bundesurlaubsgesetz nicht greifen.
§ 616 Vorübergehende Verhinderung
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.
Die Voraussetzungen des § 616 BGB sind klar umrissen: Es muss ein Arbeits- oder Dienstverhältnis bestehen, die Verhinderung muss vorübergehend sein und in der Person des Arbeitnehmers begründet liegen. Typische Fälle sind kurzfristige Arzttermine, die nicht außerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden können, die Pflege erkrankter Angehöriger, besondere familiäre Ereignisse wie Hochzeiten oder Todesfälle im engsten Familienkreis sowie einzelne gesetzlich anerkannte Verpflichtungen wie Zeugenaussagen vor Gericht oder Erste-Hilfe-Leistungen. Nicht erfasst sind hingegen betriebliche oder gesellschaftliche Ereignisse wie Streiks, Staus oder Naturkatastrophen.
Besonders zu beachten ist, dass § 616 BGB nur für eine verhältnismäßig kurze Dauer gilt. Die Rechtsprechung geht in der Regel von einem Zeitraum zwischen einem und fünf Tagen aus, wobei die konkrete Dauer vom Einzelfall abhängt. Längere Ausfälle – insbesondere über sechs Wochen – sind vollständig ausgeschlossen, selbst wenn nur ein Teil der Abwesenheit kurz wäre. Arbeitnehmer sind zudem verpflichtet, den Arbeitgeber rechtzeitig über Beginn und voraussichtliche Dauer der Verhinderung zu informieren, um mögliche Schadensersatzansprüche zu vermeiden.
Ein wesentlicher Haken an der Vorschrift ist ihre Abdingbarkeit. In vielen Arbeits- und Tarifverträgen findet sich eine Klausel, die die Anwendung von § 616 BGB ausdrücklich ausschließt. In diesen Fällen besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dieser Norm, auch wenn die Voraussetzungen grundsätzlich erfüllt wären. Arbeitnehmer sollten daher stets ihre vertraglichen Regelungen prüfen und gegebenenfalls auf alternative gesetzliche Ansprüche wie Kinderkrankengeld oder Pflegezeit zurückgreifen.
Fazit: § 616 BGB kann Arbeitnehmern in besonderen persönlichen Situationen finanzielle Sicherheit geben. Die Vorschrift ist jedoch nicht zwingend und wird häufig vertraglich ausgeschlossen. Gerade bei geplanten Ereignissen wie Hochzeiten oder in Ausnahmesituationen – etwa während einer Pandemie – lohnt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.