Die Annahme vieler Architekten, dass im Falle einer vorzeitigen Vertragskündigung keine Umsatzsteuer auf die Vergütung für nicht erbrachte Leistungen anfällt, kann sich als folgenschwerer Irrtum erweisen. Aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass selbst für den Anteil des Honorars, der auf nicht ausgeführte Leistungen entfällt, Umsatzsteuer erhoben werden kann. Entscheidend ist hierbei, dass es sich aus Sicht der Gerichte dennoch um eine umsatzsteuerpflichtige Gegenleistung handelt.
Im zugrunde liegenden Fall vor dem Kammergericht Berlin hatte ein Auftraggeber einen Architektenvertrag gekündigt. Der Architekt stellte eine Schlussrechnung, in der er – neben der Vergütung für erbrachte Leistungen – auch anteilig die Vergütung für nicht mehr ausgeführte Arbeiten ausweist und darauf Umsatzsteuer berechnet. Das Gericht bestätigte, dass diese Umsatzsteuerforderung rechtens ist, da die Vergütung bereits bei Vertragsschluss verbindlich vereinbart wurde und im Kündigungsfall lediglich entsprechend angepasst wird.
Diese Rechtsauffassung stützt sich ausdrücklich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem November 2024. Danach ist die Kündigungsentschädigung nicht als reiner Schadensersatz, sondern als mehrwertsteuerpflichtige Zahlung anzusehen. Der Umstand, dass die Leistung nicht mehr erbracht wird, ist unerheblich, solange die Zahlung ihre Grundlage im ursprünglichen Vertrag hat. Selbst Ersparnisse durch die Nichtausführung der Arbeiten sind nach dieser Auslegung steuerlich irrelevant.
Für Architekten bedeutet dies: Im Falle einer Vertragskündigung sollten sie in ihrer Schlussrechnung stets auch auf den Vergütungsanteil für nicht erbrachte Leistungen Umsatzsteuer ausweisen. Unterlassen sie dies, besteht das Risiko, die Steuer später aus eigenen Mitteln entrichten zu müssen. Dies kann insbesondere bei höheren Honorarvolumina zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.
Da bislang unklar ist, ob und wie die Finanzbehörden diese Rechtsprechung übernehmen werden, empfiehlt es sich, rechtzeitig fachkundigen Rat einzuholen. Eine steuerlich und rechtlich korrekt gestaltete Schlussrechnung ist der beste Schutz vor unerwarteten Nachforderungen. Gerade im Bereich der Planerverträge zeigt sich einmal mehr, dass eine präzise Vertrags- und Abrechnungsstrategie unerlässlich ist.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.