Rechtsanwalt Lars Christian Nerbel, Rechtsberater in Bonn
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Freitag, 02.10.2015

Auf den Stellplatz einer hochwertigen Wohnung muss man ohne weiteres einparken können!



von
Lars Christian Nerbel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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Leitsatz

1. Wird eine Wohnung von einem Bauträger als hochpreisig, repräsentativ und hochwertig ausgestattet angeboten, darf der Erwerber erwarten, dass auf dem zur Wohnung gehörenden Parkplatz ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse mit üblichem Aufwand abgestellt werden kann.

2. Ist das Einparken nur rückwärts und nach mehrmaligem Rangieren möglich, liegt ein Mangel vor. Das gilt auch dann, wenn der Bauträger baurechtlich keinen größeren Stellplatz errichten durfte.

Der Fall:

Ein Bauträger (Beklagte) errichtet eine hochwertige Wohnungseigentumsanlage mit Tiefgarage. Ein Käufer (Kläger) erwirbt eine Wohnung in der WE-Anlage nebst Stellplatz zum Preis von 870.000 €.

Nach Bezug der Wohnung stellten die Kläger fest, dass ein Einparken auf dem erworbenen Garagenplatz mit größeren PKW nur mit äußerst aufmerksamer Fahrweise, rückwärts und nach mehrmaligem Rangieren möglich war. Die Käufer beziffern anhand privat eingeholter Gutachten den Minderwert des Stellplatzes auf 50%, den der Wohnung auf 3%.

Der Käufer fordert vom Bauträger Minderung des Kaufpreises in entsprechender Höhe. Er behauptet, die eingeschränkte Nutzbarkeit des Garagenplatzes sei vor Abschluss des Kaufvertrages nicht erkennbar gewesen, darauf hingewiesen worden seien sie nicht. Der Bauträger verteidigt sich mit dem Einwand, der Käufer sei auf die beengte Situation der Tiefgarage vor Abschluss des Kaufvertrags mehrfach ausdrücklich hingewiesen worden. Die Vorschriften der Bauordnung seien eingehalten. Die Beschaffenheit des Garagenplatzes stelle keinen Mangel dar.

Erstinstanzlich (LG Frankfurt) wurde eine Beweisaufnahme durch Vernehmung zweier Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens durchgeführt. Aus dem Sachverständigengutachten ergab sich die eingeschränkte Nutzbarkeit des Tiefgaragenplatzes. Der Bauträger konnte im Rahmen der Beweisaufnahme nicht nachweisen, dass er ordnungsgemäß auf den Umstand hingewiesen hat.

Das Urteil:

Erstinstanzlich wurde der Bauträger durch das LG Frankfurt überwiegend verurteilt. Die Höhe der Minderung hat das Landgericht bezüglich des Tiefgaragenstellplatzes mit 17.500,- Euro, die der Wohnung (ohne geeigneten Stellplatz) mit 25.000,- Euro angenommen.

Das OLG Frankfurt bestätigt die gerichtliche Entscheidung:

Die eingeschränkte Nutzbarkeit der Garage stellt einen Mangel dar, über den der Käufer nicht hinreichend aufgeklärt worden ist. Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung war entbehrlich gewesen, da der Bauträger eine Mangelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert hatte und eine solche mit vertretbarem Aufwand auch gar nicht möglich war..

Der Käufer darf erwarten, einen Parkplatz zu bekommen, auf dem er sein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse mit üblichem Aufwand abstellen kann. Der Bauträger kann sich nicht darauf zurückziehen, der Käufer könne den Parkplatz mit einem kleineren Pkw nutzen. Dass der Bauträger baurechtlich einen anderen (größeren) Stellplatz nicht errichten durfte, steht der Annahme eines kaufrechtlichen Mangels nicht entgegen. Der Bauträger hat die Wohnung, zu der der Parkplatz gehörte, als hochpreisig, repräsentativ und hochwertig ausgestattet, angeboten. Hierzu gehört auch ein entsprechender Parkplatz.

Praxistipp:

Immer wieder taucht in Wohnungseigentumsanlagen mit Tiefgarage das Problem auf, dass die dort vorhandenen Stellplätze viel zu klein sind, um dort seinen Kfz abzustellen. Das OLG Frankfurt stellt fest, dass regelmäßig der Qualitätsanspruch der Wohnung auch für den mitangebotenen Parkplatz gelten muss, sofern im Expose nicht ausdrücklich etwas anderes vermerkt worden ist.

Käufer von Eigentumswohnungen sollte in jedem Falle frühzeitig prüfen, ob der miterworbene Stellplatz überhaupt für das vorgehaltene Auto geeignet ist, um später aufkommenden Streit mit dem Verkäufer zu vermeiden.

Bezug:

OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.02.2014 - 3 U 110/13 vorhergehend: OLG Frankfurt, 08.01.2014 - 3 U 110/13 LG Frankfurt/Main, 15.05.2013 - 2-20 O 263/10; nachfolgend: BGH, 16.10.2014 - VII ZR 61/14 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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