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Dr. jur. Ingo E. Fromm
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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Sowohl im Straf- als auch im Bußgeldrecht kann der Staat Gelder, die der Täter oder ein Dritter durch eine illegale Handlung erlangt hat, abschöpfen. Von kriminalstrafrechtlichen Delikten und Ordnungswidrigkeiten sollen weder der Täter noch Dritte profitieren, es gilt das Prinzip: "crime does not pay".2Während der Verfall im Strafgesetzbuch gem. § 73 seit seiner Einfügung 19623 seit jeher, vor allem im Betäubungsmittelrecht, angewendet wird, wurde von der Möglichkeit der Abschöpfung illegal erzielter Gewinne im Bußgeldverfahren gem. § 29a OWiG höchst selten Gebrauch gemacht. Dies hat sich geändert. Immer öfter werden Verfallbescheide erlassen, in denen exorbitante Beträge vom Unternehmen gefordert werden. Dabei geraten vor allem Transport- und Logistikunternehmen ins Visier der Behörden. Abgeschöpfte Beträge in sechsstelliger Höhe sind keine Ausnahme mehr. Dass gleich mehrere Abteilungen von Amtsgerichten fortlaufend Einspruchsverfahren gegen Verfallbescheide terminieren, war vor einigen Jahren noch undenkbar.
Werden vom betroffenen Unternehmen z.B. Transportfahrten durchgeführt, bei denen die Lkw vorschriftswidrig überladen waren, so gehen viele Straßenverkehrsbehörden dazu über, nicht die Fahrer für diese Ordnungswidrigkeit zur Verantwortung zu ziehen, sondern etwaige durch das Unternehmen erwirtschaftete illegale Vorteile, wie die durch die Mehrbeförderung erzielte höhere Vergütung, abzuschöpfen. Die Idee der Behörde ist, nicht mehr den einzelnen LKW-Fahrern "hinterher zu ermitteln", um ihnen ein tatbestandsmäßiges und rechtswidriges Verhalten nachzuweisen, sondern die im Nachweis aufwendigen Bußgeldverfahren gegen Fahrer und Halter einzustellen, um dann gegen das - liquide - Unternehmen direkt vorzugehen. In diesem Zusammenhang finden oft Durchsuchungen bei den juristischen Personen statt, um Anzahl und Grad der Überladungen sowie den wirtschaftlichen Umsatz zu ermitteln. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind derartige Verfallbescheide und Schätzungen illegaler Vermögensvorteile jedoch nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Dies eröffnet für die Verteidigung die Möglichkeit, sich umfassend in tatsächlicher und rechtlicher Weise gegen die Verfallanordnung zu wenden. Im vorliegenden Beitrag werden die zentralen problematischen Aspekte von selbstständigen Verfallverfahren gem. § 29a Abs. 4 OWiG, die regelmäßig gegen Transport- und Logistikunternehmen gerichtet sind, besprochen.
Der sich gegen ein Unternehmen richtende Verfallbescheid kann beispielsweise angeben: "(...) es wurden ca. 25.000 Wiegescheine sichergestellt. Aus diesen ergab sich, dass insgesamt 19.235 Touren mit Gewichtsüberschreitungen in der Zeit vom ... bis... durchgeführt wurden. Die Adressatin (GmbH) hat hierdurch einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, der darin besteht, dass sie durch die Mehrbeförderung eine höhere Vergütung erzielte".
Hieraus geht exemplarisch hervor, dass die Bußgeldbehörden und selbst Amtsgerichte zunächst der Fragestellung, wer als natürliche Person eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, regelmäßig nicht ausreichend nachgehen. Der bußgeldrechtliche Verstoß des Fahrers reicht alleine nicht aus, um vom Unternehmen Gelder abzuschöpfen. Es muss vielmehr bewiesen werden, dass sich die Unternehmensführung rechtswidrig verhalten hat, d.h. der Geschäftsführer muss die Handlung seiner Mitarbeiter "angeordnet oder zugelassen haben" und somit selbst einen (eigenen) Verstoß begangen haben.4In diesem Zusammenhang hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass sich aus einer Verfallanordnung gegen die Verfallbeteiligte ergeben müsse, dass ein anderer eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begangen hat. Eine etwaige durch den Fahrer begangene Handlung müsse von vornherein außer Betracht bleiben, weil ein darauf gestützter Verfall nur in dem gegen den Fahrer gerichteten Verfahren angeordnet werden könnte, solange dieses nicht eingestellt ist. Eine mit Geldbuße bedrohte Handlung liege nach der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 2 OWiG vor, wenn die konkrete Handlung tatbestandsmäßig und rechtswidrig ist. Vorwerfbar brauche sie nicht zu sein.5 Eine nicht vorwerfbare Handlung müsse aber den Tatbestand erfüllen. Ist nur vorsätzliches Handeln mit Geldbuße bedroht, so setze die Tatbestandsverwirklichung voraus, dass der Täter zumindest mit natürlichem Vorsatz gehandelt hat. Ist auch fahrlässiges Handeln erfasst, so müsse der Täter zumindest objektiv pflichtwidrig gehandelt haben.6 Eine solche mit Geldbuße bedrohte Handlung sei sowohl im Fall des § 29aAbs. 1 OWiG als auch im Fall der hier vorliegenden Anordnung gegen einen Dritten nach § 29a Abs. 2 OWiG Voraussetzung für den Verfall.
Wird die mit Geldbuße bedrohte Handlung darin gesehen, dass der Geschäftsführer der juristischen Person als für die Betroffene tätiges vertretungsberechtigtes Organ (§ 35 Abs. 1 GmbHG) objektiv den Ordnungswidrigkeitstatbestand z.B. der §§ 31 Abs. 2, 32 Abs. 1, 69a StVZO, § 24 StVG verwirklicht hat, so muss dieser Vorwurf im Einzelnen näher begründet werden.
Feststellungsbedürftig ist entweder eine eigene Anordnung des Geschäftsführers oder ein Zulassen der Inbetriebnahme durch ihn, etwa durch objektiv pflichtwidrige unsorgfältige Auswahl oder unzureichende Überwachung eines anderen Anordnenden, auf den die Angelegenheit möglicherweise delegiert war. Bei der Verfallanordnung darf schon wegen der Verzahnung von objektivem und subjektivem Verfahren nicht dahin gestellt bleiben, wer die mit Geldbuße bedrohte Handlung begangen hat.
Der Verfall darf nur angeordnet werden, wenn der Täter oder ein Dritter (§ 29a Abs. 2 OWiG) für die bußgeldrechtlich relevante Handlung oder aus ihr etwas erlangt hat. Das Unternehmen muss den finanziellen Vorteil also tatsächlich erlangt haben. Nach allgemeiner Auffassung sind hiermit in Geldbeträgen messbare wirtschaftliche Werte gemeint.7 Dagegen scheiden immaterielle Werte von vornherein aus. Die Bußgeldbehörde begnügt sich oftmals damit, einen Rechnungsbetrag festzustellen. Nicht an das Unternehmen überwiesene Gelder oder sonstige Ausfälle, z.B. wegen Uneinbringlichkeit der Rechnung bei Insolvenz des Schuldners, werden nicht vom Verfallsbetrag in Abzug gebracht. Dies bedarf der Korrektur durch Darstellung nicht "erlangter" Beträge.
Abgeschöpft wird von den Bußgeldbehörden nach dem sog. Bruttoprinzip, das besagt, dass " all das, was unmittelbar für und aus der Handlung erlangt ist, ohne Abzug gewinnmindernder Kosten abgeschöpft werden kann".8 Tatsächlich kann nicht nur der "Gewinn", sondern auch der "Umsatz" für verfallen erklärt werden, mit unabsehbaren krisenauslösenden Folgen für das Unternehmen. Im Einzelnen bereitet die Ermittlung der Höhe des Verfalls erhebliche Schwierigkeiten.
Im Rahmen der Höhe der Abschöpfung der erlangten wirtschaftlichen Vorteile ist nach der Rechtsprechung zu beachten, dass dieser Betrag spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen muss. Das OLG Koblenz (1 Ss 247/06)9 hat hierzu in einer neuen Grundsatzentscheidung am 28. 09. 2006 festgestellt: "Maßgeblich ist der nach dem Bruttoprinzip ermittelte wirtschaftliche Vorteil, den der Drittbegünstigte (Unternehmen) durch die Tat des für ihn Handelnden (z.B. Geschäftsführer) erzielt hat. Die Abschöpfung muss spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Drittbegünstigte aus der Tat gezogen hat." Das OLG festigt damit die bisherige Rechtsprechung, die eine genaue Festlegung des Erlangten und eine unmittelbare Ursächlichkeit fordert.10
Bei vielen bußgeldrechtlich relevanten Handlungen ist "das Erlangte" kaum zu beziffern. Bei nicht ordnungsgemäß beförderten Gütern (Überbreite der Ladung) kann der abzuschöpfende Vermögenszuwachs in einem zur kostendeckenden Auftragsdurchführung erforderlichen Erlös für die Ausführung des Transports liegen. Hierzu hat das Oberlandesgericht (1 Ss 247/06)11 ausgeführt, dass ein durch die Tat erzielter Vorteil nur vorliege, wenn der Transport durch die Verfallbeteiligte schlechterdings nicht genehmigungs- bzw. erlaubnisfähig gewesen wäre. Konnten Ausnahmegenehmigungen bzw. Erlaubnisse - notfalls gegen (weitere) Auflagen und/oder für andere der Drittbegünstigten zur Verfügung stehende Fahrzeuge - erteilt werden, so läge der durch einen Verstoß gegen die für die Fahrzeugkombination bzw. die Ladung geltenden Breitenbestimmungen erzielte Vorteil lediglich in ersparten Aufwendungen (beispielsweise für Genehmigungen, die Benutzung eines anderen Fahrzeugs oder den Einsatz von Begleitfahrzeugen bzw. anderen möglicherweise erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen).
Da die exakte Berechnung der für die Transportunternehmen angeblich erzielten Vermögensvorteile höchst komplex und zeitintensiv wäre, schätzen die Verwaltungsbehörden "zur Vereinfachung" vermehrt den Umfang des Erlangten und dessen Wert. Zwar wird die Schätzung allgemein nur als "zweitbeste Lösung"12 angesehen, um den illegalen Vermögenszuwachs zu bestimmen. Die Schätzung ist aber gem. § 29a Abs. 3 Satz 1 OWiG grundsätzlich ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens zulässig, allerdings nur, wenn anderweitig keine Feststellungen möglich sind. Eine fehlende Möglichkeit zur genauen Ermittlung des Erlangten durch Auswertungen von Belegen und Aufzeichnungen wird auch dann angenommen, wenn solche Feststellungen einen unverhältnismäßigen Aufwand in finanzieller oder zeitlicher Hinsicht erfordern würden.13 Im Rahmen der Schätzung orientieren sich die Behörden regelmäßig an den "Kalkulationsgrundsätzen des Bundesverbandes des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF)". In einem Gerichtsurteil muss der Richter die tragenden Grundlagen seiner Schätzung angeben. Diese müssen für das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbar sein.
Die Schätzung darf jedoch grundsätzlich nicht nach durchschnittlichen Werten erfolgen, d.h. ein Hochrechnen mittels errechnetem Wert multipliziert mit der Anzahl der Lkw ist unzulässig. Vielmehr ist - vom Steuerstrafverfahren abgeleitet - vom geringsten Wert auszugehen. Dies folge aus dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten".14
Verfallbescheide im Ordnungswidrigkeitenrecht haben dem Bestimmtheitsgebot zu genügen. Wie im Strafrecht muss in jedem Bußgeld- und Verfallbescheid die relevante Tat wie auch deren Folgen mit hinreichender Bestimmtheit umschrieben sein. Auch im Falle des Vorliegens diverser mit Geldbuße bedrohter Handlungen, wie Überladungen im fünfstelligen Bereich, muss der Verfallbescheid für den Empfänger ausreichend erkennen lassen, für welche Taten ein Vermögensvorteil abgeschöpft werden soll. Hierbei sind auch die tatsächlichen
Umstände zu konkretisieren, aus denen sich ergibt, dass der Adressat "Etwas" erlangt hat sowie die Höhe der Vermögensvorteils.15 Hier dürfen die Zeiten der Fahrten und die Anzahl der Fahrten zwar pauschal angegeben werden, es muss allerdings eine Liste der durchgeführten Fahrten mit den entsprechenden Fahrzeugen und der entsprechenden Tonnage aufgeführt werden.16
Ein Phänomen, auf welches man ebenso gelegentlich trifft, besteht darin, dass die Bußgeldbehörde in einem Verfallbescheid gegen zwei juristische Personen gleichzeitig einen bestimmten Vermögensvorteil abschöpfen will.17 Oft besteht die Verknüpfung der betroffenen Unternehmen nur darin, dass ein und derselbe Geschäftsführer verantwortlich ist. Derartige Bescheide können - natürlich - keinen Bestand haben, da für die einzelne Betroffene nicht bestimmbar ist, welcher Betrag für sie für verfallen erklärt worden ist. Ferner ergibt sich hieraus nicht, wer in welcher Höhe aus einer bußgeldrechtlich relevanten Handlung etwas erlangt hat. Über diesen Mangel hilft auch nicht hinweg, dass die Firmen zivilrechtlich gesamtschuldnerisch analog § 426 BGB haften würden und im Zweifel zueinander zu gleichen Anteilen zur Zahlung verpflichtet wären. Selbst für Gebühren des Bußgeldverfahrens kennt das OWiG keine gesamtschuldnerische Haftung.18 Eine Kollektivsanktion widerspräche dem besonders in Deutschland stets betonten Grundsatz "nulla crimen sine culpa".
Ob und in welcher Höhe Gelder für verfallen erklärt werden sollen, hat die Behörde - später das Gericht - in einer eigenen Ermessenentscheidung zu bestimmen. Es gilt das Opportunitätsprinzip.19Innerhalb dieser Prüfung hat die Behörde zu bewerten, inwieweit ein Verfall zweckmäßig ist. Dabei ist besonders auf die wirtschaftliche Situation und die Auswirkungen des Verfalls auf das Unternehmen abzustellen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit findet Anwendung. Eine abstrakte Berechnung ohne Bewertung der Unternehmenssituation würde einen Ermessensfehlgebrauch darstellen und zur Aufhebung des Bescheides durch Amtsgericht oder Oberlandesgericht führen. Auch die Steuerlast ist - als einzige Unterbrechung des Bruttoprinzips - mit einzubeziehen. Ist die Besteuerung des Vorteils für das jeweilige Jahr schon bestandskräftig, so sind die Verkehrssteuern (z.B. Börsenumsatzsteuer, Umsatzsteuer) abzuziehen.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein selbstständiges Verfallsverfahren gegen ein Unternehmen ausgeschlossen, wenn der für dieses handelnde Angestellte als Betroffener im Bußgeldverfahren rechtskräftig verurteilt ist.20 Voraussetzung für das auf die Anordnung der Einziehung oder des Verfalls gerichtete selbstständige Verfahren ist im Straf- wie im Ordnungswidrigkeitenrecht also die Unmöglichkeit der Durchführung eines subjektiven Straf- oder Bußgeldverfahrens.21 So normiert § 29a Abs. 4 OWiG, dass der Verfall - nur - dann selbstständig angeordnet werden kann, wenn gegen den Täter ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder eingestellt wird. Dies bedeutet, dass ein Verfallbescheid nicht ergehen darf, wenn gegen die Verantwortlichen bereits Bußgeldverfahren durchgeführt wurden und mit einer rechtskräftigen Verurteilung beendet wurden.
Wenn aber gegen den Täter das Verfahren durchgeführt wird, dann ist im subjektiven Verfahren zugleich über den Verfall gegen den zu beteiligenden Dritten, für den der Täter gehandelt hat, zu entscheiden. Ergeht allein gegen den Betroffenen eine Sachentscheidung, dann steht der Verfallsanordnung gegen den Dritten im selbstständigen Verfahren ein Verfahrenshindernis entgegen, weil die in §§ 440, 442 StPO i.V.m. § 46 OWiG bzw. in § 26a Abs. 4 OWiG vorausgesetzte Zulässigkeit der selbstständigen Verfallsanordnung nicht gegeben ist.22 Der Grund hierfür liegt darin, dass zugleich gegen den Täter und als Annex gegen den Dritten verhandelt werden soll, weil die Grundlage für die Verfallsanordnung gerade diejenige mit Geldbuße bedrohte Handlung ist, die auch den Gegenstand des Verfahrens gegen den Täter bildet.
Auch ein Nachverfahren im Sinne des § 439 StPO, § 87 OWiG kommt hier nicht mehr in Betracht. Anders als bei der Einziehung soll bei der Verfallsanordnung kein Nachverfahren stattfinden können, weil eben der verfallsbeteiligte Dritte (§ 29a Abs. 2 OWiG) von Amts wegen immer schon gemäß § 442 Abs. 2 Satz 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG am Verfahren zu beteiligen sei.23 Deswegen ist das Nachverfahren nach § 87 Abs. 4 OWiG von der den Verfall betreffenden Verweisungsvorschrift des § 87 Abs. 6 OWiG gerade ausgenommen.
Unrechtmäßig ist auch eine sog. Doppelabschöpfung, d.h. die nochmalige Abschöpfung eines Gewinns, wenn ein erlangtes Etwas bereits zuvor Gegenstand eines Verfalls geworden war. Sollte das Unternehmen schon anderweitig wegen bußgeldrechtlich relevanter Handlungen aufgefallen sein, z.B. wegen Überladungen in der Zeit vom 13. 03. 2007 bis 12. 05. 2007, und ist wegen dieser zuletzt genannten Delikte ein Verfallbescheid ergangen, so wäre Strafklageverbrauch eingetreten in Bezug auf einen erneuten Verfallbescheid wegen einem überladenen Lastkraftwagen am 02. 04. 2007. Da etwaige Vermögensvorteile für Überladungen zwischen dem 13. 03. 2007 bis 12. 05. 2007 bereits abgeschöpft wurden, könnte die Bußgeldbehörde nicht erneut wegen einzelner Ordnungswidrigkeiten in diesem Zeitraum den Verfall anordnen. Ansonsten würde gegen den Grundsatz "ne bis in idem" verstoßen.
Nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Ordnungswidrigkeit darf kein selbstständiges Verfahren mehr angeordnet werden.24 Die Verjährung der Ordnungswidrigkeit schließt mithin gem. § 31 Abs. 1OWiG die Anordnung von Nebenfolgen, wozu auch der Verfall gehört,25 aus. Der Verfallbescheid verjährt wie die zugrunde liegende Ordnungswidrigkeit grundsätzlich gem. § 31 Abs. 2 OWiG. Bei Verkehrsordnungswidrigkeit (Überladungen) liegt die Verjährungsfrist gem. §§ 24 i.V.m. 26 Abs. 3 StVG nur bei drei Monaten. Die Verjährung beginnt mit der Beendigung der Handlung (§ 31 Abs. 3OWiG).
Die Einspruchsfristen für Bußgeldbescheide gem. § 67 OWiG gelten auch im selbstständigen Verfallverfahren für Verfallbescheide. Der Verfallbescheid steht einem Bußgeldbescheid gleich, vgl. § 66 Abs.1 Nr. 5 OWiG. Der Verfallsbeteiligte kann also gegen den selbstständigen Verfallbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen.
Verfallbescheide im Verkehrsbußgeldrecht haben in letzter Zeit inflationär zugenommen. Während in vergangenen Jahren für Überladungen und nicht ordnungsgemäß beförderte Güter in erster Linie die Fahrer oder Halter der Fahrzeuge zur Verantwortung gezogen wurden, sind diverse Bußgeldbehörden dazu übergegangen, einen Vermögensvorteil bei der juristischen Person abzuschöpfen und die Ordnungswidrigkeit als solche beiseite zu lassen. Diese Praxis führt jedoch nicht - wie womöglich beabsichtigt - dazu, dem Betroffenen eine Verteidigung zu erschweren. Im Gegenteil: Zwar fordert eine Gewinnabschöpfung kein tatbestandsmäßiges und rechtswidriges Verhalten des Täters. Das Verfallbescheid hat jedoch bestimmten Mindestanforderungen zu genügen: Zusammenfassend hat sich die Verfallanordnung dazu zu äußern, bei wem ein tatbestandsmäßig und rechtswidriges Verhalten vorliegen soll. Oft kann sich der Geschäftsführer durch eine - ansonsten funktionierende - Delegationsstruktur bzw. regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen für die Fahrer und den/ die Fuhrparkleiter exkulpieren. Schätzungen dürfen nur subsidiär vorgenommen werden, wenn die Ermittlung des tatsächlichen Vorteils nicht möglich oder unverhältnismäßig schwer ist. Schätzwerte dürfen sich nicht an durchschnittlichen Werten, sondern Mindestwerten orientieren. Selbst wenn danach ein abzuschöpfender Betrag feststeht, muss die Behörde durch eine eigene Ermessenentscheidung prüfen, ob und in welcher Höhe Gelder für Verfallen erklärt werden. Gegen eine Anordnung kann die Gefahr einer Insolvenz bei Vollstreckung des Verfallbetrages sprechen. Härtefälle sind im Rahmen dieser Betrachtung jedenfalls auszufiltern.
Die Erstveröffentlichung erfolgte in der SVR 2007, 405 ff.
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