Einführung
Preiswerbung ist ein zentrales Element moderner Verkaufsstrategien und ein bewährtes Instrument, um die Aufmerksamkeit von Verbrauchern zu gewinnen und Kaufanreize zu setzen. Prozentangaben, Streichpreise, zeitlich befristete Aktionen oder der Verweis auf unverbindliche Preisempfehlungen gehören zu den am weitesten verbreiteten Werbemethoden im stationären Handel wie im Onlinegeschäft. Gerade weil Preiswerbung den unmittelbaren Anreiz zum Kauf setzt, unterliegt sie strengen gesetzlichen Anforderungen.
Der Gesetzgeber will sicherstellen, dass Verbraucher auf einer zutreffenden und transparenten Informationsgrundlage entscheiden können. Falsche oder unklare Angaben zu Preisvorteilen sind geeignet, den Wettbewerb zu verzerren und Marktteilnehmer zu benachteiligen. In den letzten Jahren haben die Vorgaben durch die Preisangabenverordnung (PAngVO) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eine erhebliche Konkretisierung durch die Rechtsprechung erfahren. Die jüngsten Entscheidungen verschiedener Gerichte verdeutlichen, dass die Anforderungen an Transparenz, Richtigkeit und Vergleichbarkeit von Preiswerbung weiter steigen.
Rechtsgrundlagen
Rechtsgrundlage für Preiswerbung sind vor allem die Bestimmungen der PAngVO, die im Mai 2022 in Umsetzung der EU-Omnibus-Richtlinie umfassend reformiert wurde. Besonders bedeutsam ist § 11 Abs. 1 PAngVO, der für Preisermäßigungen im Verhältnis zu eigenen früheren Preisen zwingend den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage als Bezugsgröße vorschreibt. Ziel ist es, sogenannte „Mondpreise“ zu verhindern, also künstlich hoch angesetzte Ausgangspreise, die vor der Rabattaktion kurzzeitig eingeführt werden, um den Preisnachlass größer erscheinen zu lassen. Daneben spielen die Transparenzpflichten der §§ 5 und 5a UWG eine zentrale Rolle. Preiswerbung darf nicht irreführend sein, weder durch unzutreffende Angaben noch durch das Verschweigen wesentlicher Informationen, und sie muss den Verbraucher in die Lage versetzen, die Preisvorteile richtig einzuordnen.
-30% ohne Erläuterung auf Lebensmitteln
Die Rechtsprechung verdeutlicht, dass diese Grundsätze nicht nur in der Theorie, sondern in der konkreten Werbegestaltung streng umzusetzen sind. Ein Beispiel hierfür liefert die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 5. August 2025, die sich mit Preisreduzierungen bei schnell verderblichen Lebensmitteln befasst. Das Gericht hat klargestellt, dass in diesen Fällen nicht nur der Preisnachlass selbst, sondern auch der Grund für die Reduzierung deutlich erkennbar angegeben werden muss. Ein roter Aufkleber mit „-30 %“ auf einem kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehenden Käse reicht nicht aus, da der Verbraucher ohne klaren Hinweis nicht erkennen kann, dass die Vergünstigung auf die bevorstehende Unverkäuflichkeit zurückzuführen ist. Diese Konkretisierung der Ausnahmevorschriften in § 9 Abs. 1 Nr. 3 PAngVO und § 11 Abs. 4 Nr. 2 PAngVO zeigt, dass Transparenz auch dann zwingend ist, wenn der Preisvorteil objektiv gerechtfertigt ist. Der Grund muss ins Auge fallen, um Fehlvorstellungen – etwa dass es sich um eine Marketingaktion oder einen Sortimentswechsel handelt – zu vermeiden.
Zwei Entscheidungen mit Bezug zu Aktionen auf Amazon
Während es in diesem Fall um die inhaltliche Ergänzung einer Preisangabe ging, steht bei befristeten Rabattaktionen die zeitliche Komponente im Vordergrund. Das Landgericht Frankfurt am Main hat am 14. April 2025 entschieden, dass es eine wettbewerbswidrige Irreführung darstellt, wenn ein Aktionspreis, der unter der Bezeichnung „Black Friday Woche“ als zeitlich begrenzt beworben wird, nach Ablauf der Aktion unverändert beibehalten wird. Der Verbraucher verbindet mit einer solchen Befristung die Erwartung, dass der Preis danach wieder steigt. Wird diese Erwartung enttäuscht, wird die Befristung zu einem reinen Werbemittel ohne sachlichen Hintergrund – und damit zu einer Täuschung über die tatsächliche Preisgestaltung. Diese Rechtsprechung knüpft an die gefestigte Linie an, dass zeitliche Befristungen nicht dazu missbraucht werden dürfen, einen künstlichen Entscheidungsdruck aufzubauen, ohne dass sich die angekündigten Bedingungen tatsächlich ändern.
Ein weiteres Feld, auf dem die Rechtsprechung jüngst klare Grenzen gezogen hat, sind Vergleichspreise in Rabattaktionen. Das Landgericht München I hat am 14. Juli 2025 in einer Entscheidung zu den „Prime Deal Days“ von Amazon betont, dass bei Eigenpreissenkungen stets der niedrigste Preis der letzten 30 Tage maßgeblich ist. Amazon hatte teils mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, teils mit einem sogenannten „mittleren Verkaufspreis“ als Vergleichswert geworben. Beide Varianten sind unzulässig, wenn die Werbung optisch oder sprachlich den Eindruck erweckt, der Rabatt beziehe sich auf den zuvor vom Anbieter selbst verlangten Preis. Das Gericht stellte klar, dass § 11 Abs. 1 PAngVO gerade den Schutz vor überhöhten Referenzpreisen bezweckt, die den Preisvorteil größer erscheinen lassen, als er tatsächlich ist.
UVPs die nicht (ernsthaft) verlangt werden
Einen Klassiker in diesem Bereich findet sich jüngst wieder in der Rechtsprechung des OLG Frankfurt am Main vom 12. Dezember 2024, das sich mit sogenannten „Mondpreisen“ bei der Angabe einer UVP befasst hat. Ein Hersteller von Kosmetikprodukten hatte einen UVP von 100 Euro angegeben, den er selbst im eigenen Webshop jedoch dauerhaft deutlich unterschritt. Das Gericht wertete dies als irreführend, da eine unverbindliche Preisempfehlung nur dann zulässig ist, wenn sie das Ergebnis einer ernsthaften Kalkulation darstellt und im Markt tatsächlich als Verkaufspreis in Betracht kommt. Wird ein solcher Preis von demjenigen, der ihn selbst festlegt, dauerhaft erheblich unterboten, dient er nicht der realistischen Orientierung, sondern allein der Schaffung eines künstlichen Preisvorteils.
Fazit
Die systematische Betrachtung dieser Entscheidungen zeigt eine klare Tendenz: Die Gerichte verlangen bei Preiswerbung eine strenge Orientierung an den tatsächlichen Markt- und Preissituationen. Der Verbraucher soll weder über die Höhe des Preisvorteils noch über dessen Grund oder Dauer im Unklaren gelassen werden. Preisaktionen müssen nicht nur inhaltlich zutreffend, sondern auch in ihrer Aufmachung so gestaltet sein, dass keine falschen Erwartungen geweckt werden. Dazu gehört, dass der Referenzpreis eindeutig bezeichnet und belegt werden kann, dass zeitliche Befristungen eingehalten werden und dass sachliche Gründe für eine Reduzierung klar erkennbar sind.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Händler und Hersteller ihre Preiswerbung sorgfältig planen und dokumentieren müssen. Bei Eigenpreissenkungen ist die Preisentwicklung der letzten 30 Tage zu prüfen, nachweisbar zu hinterlegen und auch entsprechend der niedrigste Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.
Bei der Verwendung von UVP (also dem Vergleich mit einem angeblich von fremden verlangen Preis) muss deren Marktgängigkeit gewährleistet sein, und bei verderblichen Waren muss der Grund der Reduzierung unmittelbar ins Auge springen.
Wer diese Grundsätze beachtet, minimiert nicht nur das Risiko wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen, sondern stärkt auch das Vertrauen der Verbraucher – und genau dieses Vertrauen ist in einem Markt, in dem Preiswerbung allgegenwärtig ist, ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.