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Eingetragene Farbmarken sind die Exoten unter dem Markenarten. Meist werden Wortmarken, Bildmarken oder Kombinationen aus Wort und Bild als Marke angemeldet. Manches Unternehmen träumt aber davon, gleich eine Farbe für sich beanspruchen zu können. Mitbewerber könnten für gleiche oder ähnliche Marken dann diese Farbe kaum noch verwenden, ohne gegen das Monopol zu verstoßen.
In der Praxis erhalten wir häufiger Anfragen der Art, dass ein Mandant meint, der Mitbewerber lehne sich doch in seiner Farbgebung an den Mandanten an, so dass man die Unternehmen verwechseln könnte. In dieser subjektiven Sicht wird dann häufig übersehen, dass nach Meinung der Rechtsprechung die Abnehmer von Waren oder Dienstleistungen an das begrenzte Farbspektrum gewöhnt sind und daher durchaus bei gleicher Farbgebung auch unterschiedliche Unternehmen nicht verwechseln würden.
Gleichwohl hat es nun die Unternehmensgruppe Lindt & Sprüngli geschafft, den Bundesgerichtshof mit ihrer Farbgebung des Goldhasen zu überzeugen. Dieser wird seit dem Jahr 1952 in Deutschland in goldener Folie und seit 1994 im aktuellen Goldton angeboten. Nebenbei erfuhr man im Prozess, dass in den letzten 30 Jahren in Deutschland mehr als 500 Millionen Goldhasen abgesetzt wurden und damit der "Lindt-Goldhase" führend bei den Osterhasen ist. Kein Hase wird häufiger verkauft, denn er hat einen Marktanteil im Jahr 2017 von über 40%.
Vorliegend ging es nicht um die Eintragung einer Farbmarke, sondern die Unternehmensgruppe ist gegen einen anderen Produzenten von sitzenden Schokoladenhasen in einer goldfarbenen Folie vorgegangen. Eine eingetragene Farbmarke für den Lindt-Goldhasen bestand nicht. Vielmehr ging es um einen weiteren Exoten des Markenrechts, die sogenannte Benutzungsmarke.
Marken können nicht nur durch Eintragung entstehen. Wenn man es schafft in den Abnehmerkreisen überaus bekannt zu werden, dann gewährt das Gesetz rein durch die Benutzung der Marke einen Markenschutz, der sogar noch weiter geht als derjenige der einfachen eingetragenen Marke.
Die Voraussetzungen von Benutzungsmarke und Farbmarke überschneiden sich dabei im Fall der Schokohasen. Eine Marke, die im Schutz einer Farbe besteht, wird nämlich auch nur gewährt, wenn diese Farbe derart außergewöhnlich bekannt ist, dass die Abnehmerkreise rein bei Ansicht der Farbe an den Hersteller bzw. sein Produkt denken.
Vor Gericht ist dies zu beweisen und zwar vom Anspruchsteller. Er braucht ein großes Portemonnaie, denn der Nachweis muss letztlich mit einer Verkehrsbefragung geführt werden. Die Abnehmerkreise werden hierzu von neutralen Meinungsforschungsinstituten befragt. Dies muss natürlich statistisch korrekt erfolgen, so dass man im drei- bis vierstelligen Bereich Personen befragen muss. Wer selbst schon einmal in einer Innenstadt oder am Telefon angesprochen wurde, ob er an einer Umfrage teilnehmen will, mag einschätzen, wie schwierig dies ist. Die meisten Angesprochenen haben keine Lust zur Teilnahme. Dementsprechend zeitaufwendig ist die Prozedur, zumal bei der Farbe eines Goldhasen eine Telefonumfrage natürlich schon von vornherein nicht in Betracht kommt. Die Kosten des Nachweises für den Anspruchsteller, die er erstmal vorstrecken muss, liegen somit im fünfstelligen Bereich.
So hatte auch die Unternehmensgruppe Lindt & Sprüngli zunächst Probleme im Prozess. Die Berufungsinstanz, das Oberlandesgericht München hat die Klage abgewiesen. Es war nicht davon überzeugt, dass der Goldton ausreichend dem Lindt-Goldhasen von den Abnehmern zugeordnet wurde.
Der Bundesgerichtshof hat nun mit Urteil vom 29.07.2021 - I ZR 139/20 der Revision der Klägerinnen stattgegeben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Früher hatte der Bundesgerichtshof eine klare Aussage gescheut, wann die Bekanntheit bei den Abnehmer, die sog. Verkehrsgeltung, ausreichend hoch ist, um hieraus ein Markenrecht abzuleiten. Nunmehr ist klar: Zumindest 50% reicht aus.
50% Bekanntheit müssen es sein
Nach der vorgelegten Verkehrsbefragung war nachgewiesen worden, dass der Zuordnungsgrad des für die Folie des "Lindt-Goldhasen" verwendeten goldenen Farbtons im Zusammenhang mit Schokoladenhasen zum Unternehmen der Klägerinnen bei 70% lag. Damit überstieg man die erforderliche Schwelle von 50% deutlich.
Überdies ging es in früheren Fällen in der Regel um eine Farbe für das Unternehmen an sich, wie z.B. das Sparkassen rot oder das Telekom Magenta. Nunmehr entschied aber der Bundesgerichtshof, dass der Erwerb von Verkehrsgeltung nicht voraussetzt, dass das Farbzeichen als "Hausfarbe" für sämtliche oder zahlreiche Produkte des Unternehmens verwendet wird.
Die Unternehmensgruppe Lindt & Sprüngli hat somit jetzt die erste Ettappe erreicht: Ihr Goldton für den Lindt-Goldhasen genießt Schutz in Form einer Benutzungsmarke.
Der konkrete Fall wird jetzt beim Oberlandesgericht fortgeführt werden, denn es ist nun markenrechtlich eine weitere Frage zu klären: Wenn der Wettbewerber den Goldton für andere Schokoladenhasen als den bekannten Lindt-Goldhasen verwendet, denken dann die Abnehmer, es handele sich um ein Produkt der Unternehmensgruppe Lindt & Sprüngli? Zu klären ist also noch, ob es bei den Verbrauchern wirklich zu Verwechselungen kommt. Mit dieser tatsächlichen Frage - für die wohl auch wieder eine Verkehrsbefragung notwendig werden wird - hatte sich das Oberlandesgericht nicht beschäftigt. Der Bundesgerichtshof klärt solche Tatsachenfragen nicht selbst auf, denn er entscheidet nur über Rechtsfragen. Daher sendet der BGH die Akten nun wieder zum OLG. Dies wird zu klären haben, ob die Beklagte die Benutzungsmarke der Klägerinnen an dem Goldton des "Lindt-Goldhasen" durch den Vertrieb ihrer in goldfarbener Folie verpackten Schokoladenhasen verletzt hat.
LG München I - Urteil vom 15. Oktober 2019 - 33 O 13884/18
OLG München - Urteil vom 30. Juli 2020 - 29 U 6389/19
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