Mängelrüge
Ein Beitrag von
Rechtsanwalt Dr. jur. Wolfgang Weller
Rufen Sie mich an: 0261 - 404 99 26
E-Mail:
Kontaktieren Sie uns für aktuelle Informationen zu diesem älteren Beitrag. Die Rechtslage kann sich inzwischen geändert haben.
Vorsicht bei Mängelrüge und Fristsetzung*
von Rechtsanwalt Dr.
Wolfgang Weller, Fachanwalt für Bau- und
Architektenrecht
Im Rahmen von Bauwerkverträgen sollte der Unternehmer die
Mängelrüge und die mit Fristsetzung versehene
Beseitigungsaufforderung des Bauherrn, auch wenn diese
untechnisch erfolgen und auf den ersten Blick keine
Verantwortlichkeit des Unternehmers erkennen lassen, sehr
ernst nehmen.
Sind die Fristen verstrichen, liegt es nach Auffassung
des Bundesgerichtshofes allein in der Hand des Bauherrn, ob
er den Unternehmer noch nachbessern lässt oder einen Dritten
auf Kosten des Unternehmers mit der Beseitigung beauftragt.
Ein Beispielsfall: Der Bauherr eines Einfamilienhauses
rügt „einen dunklen wahrscheinlich feuchten Fleck“ unterhalb
des Balkons im dort schwarz abgesetzten, ansonsten gelben
Außenputz. Der Dachdecker hat die Balkoneindichtung
vorgenommen, der Installateur in diesem Bereich im Inneren
eine Dusche eingebaut, der Außenputzer schließlich die
Farben zusammengestellt und aufgebracht. Alle Handwerker
werden über den Fleck informiert und innerhalb einer Frist
von 3 Wochen bis zum Monatsende zur Beseitigung
aufgefordert. Verantwortlich fühlt sich zunächst niemand.
Nach Fristablauf möchte der Installateur die ordnungsgemäße
Führung und Funktionsfreiheit der Entwässerungsleitung
überprüfen. Der Bauherr lehnt ab. Der vom Bauherrn
anschließend beauftragte Drittunternehmer baut die Dusche
aus und erkennt und behebt eine Undichtigkeit der
Entwässerungsleitung, die zum Wassereintritt ins
Außenmauerwerk und schließlich dem Feuchtigkeitsfleck
geführt hat. Der Bauherr verlangt Erstattung der
Ersatzvornahmekosten. Der Installateur lehnt ab, weil er
keine ordnungsgemäße Mängelrüge erhalten, im übrigen auch
die Nachbesserung angeboten habe.
Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung
(Urteil vom 27.02. 2003, VII ZR 338/01) zu den vorstehend
aufgeworfenen Fragen nochmals eindeutig Stellung bezogen.
Das oberste deutsche Zivilgericht bestätigt ausdrücklich
seine bisherige Rechtsprechung, wonach es für eine
ordnungsgemäße Mangelrüge ausreicht, die für den Baulaien
optisch wahrnehmbaren Mangelerscheinungen zu rügen. Der
Bauherr muss nur die Symptome beschreiben (deshalb
„Symptomtheorie“ genannt). Er ist nicht verpflichtet, schon
vorprozessual die Mangelursachen und die Verantwortlichkeit
der am Bau Beteiligten zu klären. Es ist dann Sache der
fachkundigen Unternehmer, ihre Einstandsverpflichtung zu
beurteilen. Aus der Mängelrüge muss über die Beschreibung
hinaus noch eindeutig hervorgehen, dass der Bauherr die
Beseitigung erwartet. Schließlich sollte eine Frist zur
Mängelbeseitigung gesetzt werden. Diese Frist muss
angemessen sein. Ist die Frist im Einzelfall zu kurz
bemessen, so ist die Fristsetzung gleichwohl nicht
unwirksam, sondern setzt eine angemessene Frist in Gang.
Mit Fristablauf kommt der Unternehmer in Verzug und der
Bauherr ist berechtigt, die Mängel durch ein
Drittunternehmen beseitigen zu lassen. Ob er gleichwohl noch
verpflichtet ist, den Unternehmer tätig werden zu lassen,
wenn dieser sich nach Fristablauf zu einer anderen
Entscheidung durchringt, war im Einzelfall streitig. Der
Bundesgerichtshof hat hier nun für Klarheit gesorgt und
festgestellt, dass der Unternehmer nach Fristablauf
gehindert ist, ohne Zustimmung des Auftraggebers doch noch
nachzubessern. Der Bundesgerichtshof begründet dies mit dem
berechtigten Interesse des Bauherrn, nach Fristablauf selbst
zu entscheiden, welche Gewährleistungsrechte (Nachbesserung
oder Kostenerstattung) er nun gegen den Unternehmer geltend
machen wolle. Hierdurch werde der Unternehmer auch nicht
unangemessen benachteiligt, denn die Situation beruhe ja
immerhin bereits auf einem doppelten Pflichtenverstoß: Der
Unternehmer habe die geschuldete Leistung zunächst bereits
vertragswidrig ausgeführt und dann trotz Aufforderung die
geschuldete Nachbesserung nicht durchgeführt.
Vorstehende Grundsätze gelten unabhängig davon, ob die
Parteien die VOB/B zum Vertragsgegenstand gemacht haben und
unabhängig davon, ob der Vertrag vor oder nach dem
31.12.2001 abgeschlossen wurde und damit altes oder neues
Schuldrecht gilt. Der Fristablauf bildet damit auch ohne
Ablehnungsandrohung die Schallgrenze, bis zu der der
Unternehmer ohne Zustimmung des Bauherrn nachbessern darf.
* Die Erstveröffentlichung des Beitrages erfolgte in der
Rhein-Zeitung. Die Ausführungen stellen eine erste Information dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell war. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie
dazu
Kontakt
mit uns auf.