Auch ein GmbH-Geschäftsführer kann unter bestimmten Umständen arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer eingestuft werden. Dies wird häufig verkannt, was angesichts der erheblichen praktischen Konsequenzen überrascht.
Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft
Somit stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Geschäftsführer als Arbeitnehmer einzustufen ist. Der Bundesgerichtshof ordnet in ständiger Rechtsprechung den Geschäftsführer dem Lager des Arbeitgebers zu und schließt damit eine Arbeitnehmereigenschaft kategorisch aus.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist hingegen der Ansicht, dass auch der Geschäftsführer einer GmbH als Arbeitnehmer eingestuft werden kann. Dabei nimmt das BAG eine Einzelfallprüfung vor. Entscheidendes Kriterium ist hierbei, ob eine weisungsabhängige Tätigkeit des Geschäftsführers vorliegt, welche im Ergebnis einem Arbeitnehmer gleichkommt. Ist der Geschäftsführer wie ein „normaler“ Arbeitnehmer an Weisungen gebunden, kann sich daraus ein Arbeitnehmerstatus ergeben. Dabei lässt die bloße Bezeichnung als „Geschäftsführervertrag“ oder als „Geschäftsführerdienstvertrag“ noch keine zwingenden Rückschlüsse auf die Arbeitnehmerstellung zu.
Für eine Arbeitnehmerstellung des Geschäftsführers sprechen Klauseln, die den Geschäftsführer in der freien Gestaltung seiner Tätigkeit und Arbeitszeit einschränken. Beispielhaft sind hier Formulierungen, nach denen der Geschäftsführer
- „jederzeit zur Verfügung zu stehen“ hat oder
- „jederzeit die Interessen der GmbH wahrzunehmen“ hat oder
- „zu den betrieblichen Arbeitszeiten im Betrieb anwesend zu sein“ hat.
Gleiches gilt für Klauseln, die den Geschäftsführer sozialversicherungsrechtlich mit Arbeitnehmern gleichstellen. Dies geschieht beispielsweise durch den Gebrauch der Formulierung „wie jeden Arbeitnehmer“.
Zudem kann auch eine Vergütung nach Tarifvertrag auf eine Stellung als Arbeitnehmer hinweisen. Beispielsweise sieht das BAG in einer Vergütung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ein Indiz für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.
Wesentliches Kriterium für die Einstufung als Arbeitnehmer ist daneben die tatsächliche Vertragsdurchführung sowie eine gleichzeitige Gesellschafterstellung. Insbesondere bei Geschäftsführern, die nicht zugleich auch Gesellschafter sind (sog. Fremdgeschäftsführer), ist an die Einstufung als Arbeitnehmer zu denken.
Folgen der Arbeitnehmereigenschaft
Ist ein Geschäftsführer in arbeitsrechtlicher Hinsicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren, kann dies beispielsweise zu den nachstehenden Folgen führen:
- Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
- Anwendung des Arbeitszeitgesetzes
- Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Alter, Herkunft oder ähnlichen persönlichen Eigenschaften gemäß des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- Zuständigkeit der Arbeitsgerichte
- Anwendbarkeit des Sonderkündigungsschutzes und der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz
- Berücksichtigung bei der Ermittlung der Schwellenwerte bei Massenentlassungen im Sinne von § 17 KSchG
Fazit
Auch ein GmbH-Geschäftsführer kann in Ausnahmefällen Arbeitnehmer sein. Eine solche Ausnahme kann insbesondere dann vorliegen, wenn die tatsächliche und rechtliche Rolle des Geschäftsführers der eines regulären Arbeitnehmers ähnelt. Diese Frage hat praktische Bedeutung, denn die Arbeitnehmereigenschaft verbessert die arbeitsrechtliche Position des Geschäftsführers erheblich. Aus Sicht der Geschäftsführer empfiehlt es sich daher, die eigene Rechtsstellung genau zu prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Arbeitgeber sollten hingegen prüfen, ob eine Vertragsgestaltung möglich ist, die eine Einstufung als Arbeitnehmer verhindert, um ihre rechtliche Position, etwa im Fall einer Kündigung, nicht unnötig zu schwächen.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.