Rechtsanwalt Horst-Walter Bodenbach, Rechtsberater in Koblenz
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Sonntag, 11.09.2005

Kein Anspruch auf Gehaltserhöhung entsprechend der Tarifentwicklung



von
Horst-Walter Bodenbach
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Auch jahrelange Gehaltserhöhungen unter Orientierung an die Steigerung von Tariflöhnen begründen keinen Anspruch auf zukünftige Fortsetzung dieser Praxis. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 13.03.2002 – 5 AZR 755/00). Es hat damit die Klage eines Arbeitnehmers abgewiesen, mit der dieser eine Gehaltserhöhung durchsetzen wollte.

Sieben Jahre lang hatte der Arbeitgeber regelmäßig das Gehalt des Klägers erhöht und sich dabei an den Tarifsteigerungen des öffentlichen Dienstes orientiert, obwohl das Arbeitsverhältnis dem Tarifvertrag nicht unterlag. Im achten Jahr fiel nun die Gehaltserhöhung für den Kläger geringer aus als die allgemeine Tarifsteigerung. Mit der Klage sollte eine Verpflichtung des Arbeitgebers erreicht werden, auch jetzige und zukünftige Gehaltserhöhungen des Klägers an die Tarifsteigerungen anzupassen. Doch die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Der Kläger hatte seine Klage mit den Grundsätzen der "betrieblichen Übung" begründet. Diese Grundsätze haben die Arbeitsgerichte in jahrelanger Rechtsprechung etabliert. Unter betrieblicher Übung ist danach die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Die Arbeitnehmer erlangen dadurch einen Anspruch gegen den Arbeitgeber darauf, eine solche Leistung oder Vergünstigung auch in Zukunft zu erhalten. Als Schulbeispiel dient das Weihnachtsgeld. Gewährt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern wenigstens drei Jahre in Folge freiwillig ein Weihnachtsgeld in gleichbleibender Höhe, so können die Arbeitnehmer dieses Weihnachtsgeld auch in den folgenden Jahren verlangen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber bei der Auszahlung des Weihnachtsgeldes ausdrücklich darauf hinweist, dass die Zahlung freiwillig erfolge und er sich vorbehalte, in Zukunft kein oder weniger Weihnachtsgeld auszubezahlen.

Besteht einmal eine betriebliche Übung, so kann sich der Arbeitgeber von seinen zukünftigen Verpflichtungen nur durch Kündigung oder dadurch befreien, dass er eine entgegenstehende betriebliche Übung etabliert. Diese unterliegt denselben Voraussetzungen wie sonst auch. Von der betrieblichen Übung, Weihnachtsgeld zu zahlen, kann sich der Arbeitgeber also dadurch befreien, dass er in drei aufeinander folgenden Jahren das Weihnachtsgeld nur unter Vorbehalt auszahlt, ohne dass die Arbeitnehmer dem widersprechen.

Im nun entschiedenen Fall geht das Bundesarbeitsgericht aber davon aus, dass eine betriebliche Übung auf Gehaltserhöhung entsprechend den Tarifsteigerungen des öffentlichen Dienstes erst gar nicht entstanden sei. Es fehle nämlich an einer Verhaltensweise des Arbeitgebers, die sich für die Arbeitnehmer so darstellt, dass der Arbeitgeber sich zu einer auch künftigen Geltung verpflichten wolle. Einem Arbeitgeber, der keinem Tarifvertrag unterliegt, könne nicht ohne weiteres unterstellt werden, er wolle sich für alle Zukunft der Regelungsmacht der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände unterwerfen. Um eine solche Interpretation seines Verhaltens zu rechtfertigen, seien konkrete Anhaltspunkte erforderlich. Diese lägen aber nicht bereits dadurch vor, dass der Arbeitgeber einige Jahre lang öffentliche Tarifverträge als Maßstab für Gehaltserhöhungen im eigenen Betrieb herangezogen habe.

Der Kläger – so das Bundesarbeitsgericht – behalte zwar selbstverständlich seinen Anspruch auf das bisher entsprechend den Tarifverträgen erhöhte Gehalt, könne aber nicht verlangen, dass sein Gehalt auch in Zukunft wie ein Tarifgehalt angepasst werde. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird die Tariffreiheit eines Arbeitgebers also nicht dadurch beeinträchtigt, dass dieser sich einige Jahre lang an einzelnen Regelungen eines Tarifvertrages orientiert.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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