Das Strafrecht und die Zugmaschine
Ein Beitrag von
Rechtsanwalt Dr. jur. Ingo E. Fromm
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Strafrechtliche Risiken des Inhabers eines land- oder
forstwirtschaftlichen Betriebs
– Tücken im Zusammenhang mit dem Führen von Zug- und
Arbeitsmaschinen –*
von Rechtsanwalt Dr.
Ingo Fromm, Fachanwalt für Strafrecht
Sowohl für den Leiter als auch
Angestellte land- oder forstwirtschaftlichen
Betriebe bestehen ungeahnte strafrechtliche
Risiken im Zusammenhang mit den Führen von
land- und forstwirtschaftlichen Zug- und
Arbeitsmaschinen. Da diese Tücken für
Landwirte weit gehend unbekannt sind, wird
im vorliegenden Beitrag problematisiert,
unter welchen Voraussetzungen mit der
Einleitung eines Strafverfahren gerechnet
werden muss und wie diese Risiken minimiert
werden können.
Die Einteilung der Fahrerlaubnisklassen
ist in § 6 der Fahrerlaubnis-Verordnung
(FeV) geregelt. Für die Land- und
Forstwirtschaft relevant sind insbesondere
die Klassen T und L. Unter Klasse T fallen
„Zugmaschinen mit einer durch die Bauart
bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht
mehr als 60 km/h und selbstfahrende
Arbeitsmaschinen mit einer durch die Bauart
bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht
mehr als 40 km/h, die jeweils nach ihrer
Bauart zur Verwendung für land- oder
forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind
und für solche Zwecke eingesetzt werden
(jeweils auch mit Anhängern)“. Klasse L
bezieht sich auf „Zugmaschinen, die nach
ihrer Bauart zur Verwendung für land- oder
forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind
und für solche Zwecke eingesetzt werden, mit
einer durch die Bauart bestimmten
Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 32
km/h und Kombinationen aus diesen Fahrzeugen
und Anhängern, wenn sie mit einer
Geschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h
geführt werden und, sofern die durch die
Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit des
ziehenden Fahrzeugs mehr als 25 km/h
beträgt, sie für eine Höchstgeschwindigkeit
von nicht mehr als 25 km/h in der durch § 58
der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung
vorgeschriebenen Weise gekennzeichnet sind,
sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen,
Stapler und andere Flurförderzeuge jeweils
mit einer durch die Bauart bestimmten
Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25
km/h und Kombinationen aus diesen Fahrzeugen
und Anhängern“. Unter den Begriff der land-
oder forstwirtschaftlichen Zwecke im Rahmen
der Fahrerlaubnis der Klassen T und L fallen
gem. § 6 Abs. 5 FeV (1.) Betriebe von
Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau,
Gartenbau, Obstbau, Gemüsebau, Baumschulen,
Tierzucht, Tierhaltung, Fischzucht,
Teichwirtschaft, Fischerei, Imkerei sowie
den Zielen des Natur- und Umweltschutzes
dienende Landschaftspflege, (2.) Park-,
Garten-, Böschungs- und Friedhofspflege
einschließlich des Winterdienstes, (3.)
landwirtschaftliche Nebenerwerbstätigkeit
und Nachbarschaftshilfe von Landwirten, (4.)
Betriebe von land- und forstwirtschaftlichen
Lohnunternehmen und andere überbetriebliche
Maschinenverwendung, (5.) Betriebe von
Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung,
Überwachung und Förderung der Landwirtschaft
überwiegend dienen und (6.) Betriebe von
Werkstätten zur Reparatur, Wartung und
Prüfung von Fahrzeugen, die im Rahmen der
Nummern (1.) bis (5.) eingesetzt werden. Zu
anderen, als den dort genannten Zwecken darf
die Zug- oder Arbeitsmaschine nicht
eingesetzt werden. Dies wurde einem
Auszubildenden auf seinem Familienhof zum
Verhängnis, als er mit einer Zugmaschine
nebst einem für karnevalistische Zwecke
umgebauten landwirtschaftlichen Anhänger im
öffentlichen Straßenverkehr teilnahm. Die
Ermittlungsbehörden mussten die
Fahrerlaubnis des Auszubildenden überprüfen,
da dieser mit seinem Traktor einen
Verkehrsunfall verursacht hatte. Die
Staatsanwaltschaft leitete gegen ihn wegen
dieser „Schwarzfahrt“ ein
Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne
Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 1
Straßenverkehrsgesetz (StVG) ein. Hiernach
kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer ein
Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu
erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat. Zwar
besaß der junge Mann die Lizenz nach Klasse
T. Da die Traktorfahrt zu einer
Karnevalsveranstaltung im Ortszentrum jedoch
erkennbar keinen land- oder
forstwirtschaftlichen Bezug hatte, bestand
hinreichender Tatverdacht. Damit hatte es
jedoch nicht sein Bewenden: Die
Staatsanwaltschaft ermittelte auch gegen den
Leiter des Familienbetriebes der
Milchkuhproduktion. Bei ihm als Halter des
verwendeten Traktors bestand der
Anfangsverdacht, anordnet oder zugelassen zu
haben, dass jemand das Fahrzeug geführt hat,
der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis
nicht hatte.
Handelt der Halter vorsätzlich, wusste es
also, dass der Fahrzeugführer nicht die
erforderliche Fahrerlaubnis hatte, muss mit
der Verhängung einer Freiheitsstrafe von bis
zu einem Jahr oder Geldstrafe gerechnet
werden. Bei einer fahrlässigen
Begehungsweise, also der Außerachtlassung
der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt,
droht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von
bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu
180 Tagessätzen. Das Verfahren gegen den
Leiter des Familienbetriebs konnte letztlich
zur Einstellung gebracht werden, da nicht
nachgewiesen werden konnte, dass er Kenntnis
von der Fahrt des Auszubildenden hatte.
Unabhängig vom geschilderten Fall sollte der
Inhaber des Bauernhofs als Fahrzeughalter -
um nicht mit dem Fahrlässigkeitsvorwurf
überzogen zu werden - in jedem Falle
überprüfen, dass Inhaber der Fahrzeugklassen
L und T seine Fahrzeuge nur zu land- und
forstwirtschaftlichen Zwecken bewegen. Im
Übrigen sollte er sich jedenfalls bei der
Neueinstellung etwa eines Angestellten den
Führerschein einsehen. Danach sollte er sich
den Führerschein von Mitarbeitern des
Bauernhofs in regelmäßigen Abständen, etwa
jährlich, zeigen lassen. Nur wenn
Anhaltspunkte für einen Führerscheinentzug
bestehen, muss der Arbeitgeber
kurzfristigere Kontrollen durchführen.
Abgesichert ist der Arbeitgeber, wenn er
sich die Vorlage des Führerscheins
schriftlich bescheinigen lässt. Bestehen
hierzu keine äußeren Anhaltspunkte, wie
unbrauchbare oder leicht erkennbare
Fälschungen, braucht der Unternehmer die
Echtheit der Fahrerlaubnis nicht wie ein
Grafologe zu überprüfen. Auch einen
EU-Führerschein darf der Firmenchef guten
Gewissens akzeptieren, mit einer
unverständlichen fremdsprachigen
„Bescheinigung“ darf er sich allerdings
nicht begnügen, sondern muss die Lizenz
näher hinterfragen.
* Die Ausführungen stellen eine erste Information dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell war. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie
dazu
mit uns auf.