Rechtsanwalt Dr. jur. Ingo E. Fromm, Rechtsberater in Koblenz
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Donnerstag, 13.09.2007

Strafrechtliche Risiken des Inhabers eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs



von
Dr. jur. Ingo E. Fromm
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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Sowohl für den Leiter als auch Angestellte land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe bestehen ungeahnte strafrechtliche Risiken im Zusammenhang mit den Führen von land- und forstwirtschaftlichen Zug- und Arbeitsmaschinen. Da diese Tücken für Landwirte weit gehend unbekannt sind, wird im vorliegenden Beitrag problematisiert, unter welchen Voraussetzungen mit der Einleitung eines Strafverfahren gerechnet werden muss und wie diese Risiken minimiert werden können.

Die Einteilung der Fahrerlaubnisklassen ist in § 6 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) geregelt. Für die Land- und Forstwirtschaft relevant sind insbesondere die Klassen T und L. Unter Klasse T fallen „Zugmaschinen mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 60 km/h und selbstfahrende Arbeitsmaschinen mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h, die jeweils nach ihrer Bauart zur Verwendung für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind und für solche Zwecke eingesetzt werden (jeweils auch mit Anhängern)“. Klasse L bezieht sich auf „Zugmaschinen, die nach ihrer Bauart zur Verwendung für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt sind und für solche Zwecke eingesetzt werden, mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 32 km/h und Kombinationen aus diesen Fahrzeugen und Anhängern, wenn sie mit einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h geführt werden und, sofern die durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit des ziehenden Fahrzeugs mehr als 25 km/h beträgt, sie für eine Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h in der durch § 58 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgeschriebenen Weise gekennzeichnet sind, sowie selbstfahrende Arbeitsmaschinen, Stapler und andere Flurförderzeuge jeweils mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h und Kombinationen aus diesen Fahrzeugen und Anhängern“. Unter den Begriff der land- oder forstwirtschaftlichen Zwecke im Rahmen der Fahrerlaubnis der Klassen T und L fallen gem. § 6 Abs. 5 FeV (1.) Betriebe von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Obstbau, Gemüsebau, Baumschulen, Tierzucht, Tierhaltung, Fischzucht, Teichwirtschaft, Fischerei, Imkerei sowie den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Landschaftspflege, (2.) Park-, Garten-, Böschungs- und Friedhofspflege einschließlich des Winterdienstes, (3.) landwirtschaftliche Nebenerwerbstätigkeit und Nachbarschaftshilfe von Landwirten, (4.) Betriebe von land- und forstwirtschaftlichen Lohnunternehmen und andere überbetriebliche Maschinenverwendung, (5.) Betriebe von Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung und Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen und (6.) Betriebe von Werkstätten zur Reparatur, Wartung und Prüfung von Fahrzeugen, die im Rahmen der Nummern (1.) bis (5.) eingesetzt werden. Zu anderen, als den dort genannten Zwecken darf die Zug- oder Arbeitsmaschine nicht eingesetzt werden. Dies wurde einem Auszubildenden auf seinem Familienhof zum Verhängnis, als er mit einer Zugmaschine nebst einem für karnevalistische Zwecke umgebauten landwirtschaftlichen Anhänger im öffentlichen Straßenverkehr teilnahm. Die Ermittlungsbehörden mussten die Fahrerlaubnis des Auszubildenden überprüfen, da dieser mit seinem Traktor einen Verkehrsunfall verursacht hatte. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen ihn wegen dieser „Schwarzfahrt“ ein Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ein. Hiernach kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat. Zwar besaß der junge Mann die Lizenz nach Klasse T. Da die Traktorfahrt zu einer Karnevalsveranstaltung im Ortszentrum jedoch erkennbar keinen land- oder forstwirtschaftlichen Bezug hatte, bestand hinreichender Tatverdacht. Damit hatte es jedoch nicht sein Bewenden: Die Staatsanwaltschaft ermittelte auch gegen den Leiter des Familienbetriebes der Milchkuhproduktion. Bei ihm als Halter des verwendeten Traktors bestand der Anfangsverdacht, anordnet oder zugelassen zu haben, dass jemand das Fahrzeug geführt hat, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte.      

Handelt der Halter vorsätzlich, wusste es also, dass der Fahrzeugführer nicht die erforderliche Fahrerlaubnis hatte, muss mit der Verhängung einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe gerechnet werden. Bei einer fahrlässigen Begehungsweise, also der Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, droht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen. Das Verfahren gegen den Leiter des Familienbetriebs konnte letztlich zur Einstellung gebracht werden, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass er Kenntnis von der Fahrt des Auszubildenden hatte. Unabhängig vom geschilderten Fall sollte der Inhaber des Bauernhofs als Fahrzeughalter - um nicht mit dem Fahrlässigkeitsvorwurf überzogen zu werden - in jedem Falle überprüfen, dass Inhaber der Fahrzeugklassen L und T seine Fahrzeuge nur zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken bewegen. Im Übrigen sollte er sich jedenfalls bei der Neueinstellung etwa eines Angestellten den Führerschein einsehen. Danach sollte er sich den Führerschein von Mitarbeitern des Bauernhofs in regelmäßigen Abständen, etwa jährlich, zeigen lassen. Nur wenn Anhaltspunkte für einen Führerscheinentzug bestehen, muss der Arbeitgeber kurzfristigere Kontrollen durchführen. Abgesichert ist der Arbeitgeber, wenn er sich die Vorlage des Führerscheins schriftlich bescheinigen lässt. Bestehen hierzu keine äußeren Anhaltspunkte, wie unbrauchbare oder leicht erkennbare Fälschungen, braucht der Unternehmer die Echtheit der Fahrerlaubnis nicht wie ein Grafologe zu überprüfen. Auch einen EU-Führerschein darf der Firmenchef guten Gewissens akzeptieren, mit einer unverständlichen fremdsprachigen „Bescheinigung“ darf er sich allerdings nicht begnügen, sondern muss die Lizenz näher hinterfragen.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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