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Die Zustellung von Einstweiligen Verfügungen muss in der Regel im Parteibetrieb innerhalb eines Monats nach Zugang der Einstweiligen Verfügung beim Antragsteller(vertreter) erfolgen. Die dabei einzuhaltenden Formalien sind komplex. In unserer langjährigen Praxis konnte bereits die Aufhebung einer Vielzahl Einstweiliger Verfügungen wegen formellen Zustellungsfehlern erreicht werden.
In diesem Jahr gab es diesbezüglich einen besonders kniffeligen Fall.
Die meisten Einstweiligen Verfügungen werden als Beschluss ohne mündliche Verhandlung ohne Beteiligung des Antragsgegners erlassen und der Beschluss wird vom Gericht nur dem Antragsteller übergeben. Dieser hat dann die Zustellung an den Antragsgegner innerhalb der Monatsfrist zu besorgen.
Wird eine Einstweilige Verfügung aber erst im Wege des Urteils nach einer mündlichen Verhandlung erlassen, dann übermittelt das Gericht dem Antragsgegner das Urteil. Aus Sicht des Antragstellers ist es dann wenig einsichtig, warum er dem Antragsgegner das Urteil zusätzlich zustellen muss. Das Gesetz sieht dies aber anders und verlangt zur Dokumentation des sog. Vollziehungswillens diese Zustellung.
Umstritten ist nun, ob mindestens eine sog. beglaubigte Abschrift einer Ausfertigung oder eine beglaubigte einfache Abschrift zugestellt werden muss. Nur bei einer Ausfertigung hat ein Urkundsbeamter des Gerichts die inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original-Urteil überprüft.
Das OLG München hatte in seinem Urteil vom 06.02.2013 – 15 U 2848/12 die Ansicht vertreten, für die wirksame Vollziehung einer durch Urteil erlassenen Einstweiligen Verfügung reiche die Zustellung einer beglaubigten Abschrift des Urteils im Parteibetrieb aus.
Dem widerspricht das OLG Düsseldorf in einem neueren Urteil vom 21.04.2015 - I-20 U 181/14, welches wir für unsere Partei erstritten haben, und setzt sich dabei mit dem Urteil des OLG München auseinander. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf muss – zumindest für die Rechtslage bis zum 01.07.2014 – die Zustellung einer Einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb durch Zustellung einer Ausfertigung bzw. beglaubigten Abschrift der Ausfertigung erfolgen. § 928 ZPO verweist auf die Zwangsvollstreckungsvorschriften, die im Sinne der Rechtsklarheit von Formzwängen geprägt sind. Der Grundsatz der Formalisierung hat auch bei § 929 Abs. 2 ZPO seinen Sinn, um den Beteiligten Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu verschaffen.
Zugleich äußert das OLG Düsseldorf die Ansicht, dass dies auch gilt, wenn eine erstinstanzlich erlassene und ordnungsgemäß vollzogene Einstweilige Verfügung in der zweiten Instanz inhaltlich geändert wird. Dann ist eine erneute Vollziehung erforderlich. Es genügt selbst dann nicht – obwohl der Vollziehungswille in der ersten Instanz ordnungsgemäß durch Zustellung einer Ausfertigung geäußert wurde – eine Vollziehung des OLG-Urteils durch Zustellung einer einfachen Abschrift.
Soweit das OLG Düsseldorf mehrfach in der Entscheidung das Datum 01.07.2014 betont und hiermit einen Hinweis zu geben scheint, die Rechtslage habe sich seitdem geändert, überzeugt dies für die vorliegenden Fragestellungen nicht.
Seit dem 01.07.2014 genügt für die Zustellung eines Urteils durch das Gericht eine einfache Abschrift (vgl. § 317 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Zwangsvollstreckungsvorschriften der §§ 724 Abs. 1, 750 ZPO, auf die das OLG Düsseldorf unter Hinweis auf § 929 Abs. 2 ZPO maßgeblich abstellt, haben sich allerdings nicht geändert. §§ 724 Abs. 1, 750 Abs. 1 S. 2 ZPO verlangen weiterhin die Zustellung einer Ausfertigung, um die Zwangsvollstreckung einzuleiten. Nachdem das OLG Düsseldorf im Hinblick auf die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO entscheidend die Ansicht vertritt, § 929 Abs. 2 ZPO habe seinen Hintergrund im Zwangsvollstreckungsrecht, muss auch zukünftig weiterhin mit der Zwangsvollstreckung „begonnen“ werden, um die Vollziehungsfrist zu wahren. Bei Unterlassungsverfügungen liegt dieser Beginn weiterhin in der Zustellung einer Ausfertigung gemäß §§ 724 Abs. 1, 750 Abs. 1 S. 2 ZPO. Die am 01.07.2014 geänderte Norm des § 317 Abs. 2 S. 1 ZPO ist keine Norm des insofern maßgeblichen Zwangsvollstreckungsrechts.
In Einstweiligen Verfügungsverfahren sollte in allen Instanzen eine Erteilung von Ausfertigungen nach § 317 Abs. 2 S. 1 ZPO bei Gericht beantragt werden. Ausschließlich die Ausfertigung sollten für die Zustellung im Parteibetrieb Verwendung finden.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.