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Zuweilen wird Verkehrsteilnehmern vorgeworfen, während einer Autofahrt gleich mehrere Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen zu haben. Oftmals werden die Taten durch nachfolgende (Zivil-)Fahrzeuge der Bußgeldstellen mit der Messung „Police-Pilot“ aufgenommen. Die verfolgte Fahrt eines Betroffenen hatte sich über eine längere Strecke hingezogen, so dass mehrere Tatorte vorlagen. Dem Betroffenen war vorgeworfen worden, sich am 21.04.2023 von 20:02 Uhr - 20:04 Uhr bußgeldrechtlich relevant außerhalb geschlossener Ortschaften verhalten zu haben. Im Bußgeldbescheid wurde von zwei Taten im prozessualen Sinne ausgegangen, so dass die Fahrt letztlich insgesamt zu 4 Punkten im Fahreignungsregister und 2 Monaten Fahrverbot geführt hätte. Dagegen wurde Einspruch eingelegt.
Es war zu prüfen, ob es sich nur um eine Tat im prozessualen Sinne handelt, und Tateinheit zwischen den Ordnungswidrigkeiten besteht, für die nur auf eine Geldbuße erkannt werden darf. Bei dieser rechtlichen Wertung fielen bei der obigen Ausgangslage nur 2 Punkte und ein Monat Fahrverbot an.
Eine einzige Tat – materiell und prozessual – im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit ist dann anzunehmen, wenn erhebliche Verhaltensweisen durch einen derart unmittelbaren zeitlich-räumlichen und inneren Zusammenhang gekennzeichnet sind, dass sich der gesamte Vorgang bei natürlicher Betrachtungsweise auch für einen unbeteiligten Dritten als einheitliches zusammengehöriges Tun darstellt. Ein zeitlicher Abstand von ca. einer Minute [1] oder zwei Minuten [2] zwischen beiden Messungen lässt die Annahme voneinander unabhängiger, selbstständiger Geschehnisse nicht zu, es sei denn das Fahrzeug ist zwischendurch zum Stillstand gekommen.
Hat der Betroffene eine Geschwindigkeitsübertretung ohne und eine mit Fahrverbot verwirklicht, so kann der Bußgeldbescheid ohne Fahrverbot akzeptiert werden und in dem anderen Verfahren Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt werden mit dem Verweis auf ein Verfahrenshindernis, wenn eine Tat gem. § 84 I OWiG schon rechtskräftig („ne bis in idem“) geworden ist.[3]
Regelmäßig lässt sich erfreulicherweise im gerichtlichen Verfahren nach Einspruchseinlegungen erfahrungsgemäß das Verfahrensziel erreichen, dass nur auf eine Tat erkannt wird. Es wird dann für das Verhalten des Verkehrsteilnehmers nur eine Geldbuße verhängt. Zum einen wird dadurch die Geldbuße für den Mandanten reduziert, ferner verkürzt sich auch das Fahrverbot. Notfalls sollte gegen unrichtige Urteile Rechtsbeschwerde eingelegt werden. Zuweilen werden in einem Bußgeldbescheid sogar 6 Punkte verhängt bei 3 gesonderten Geschwindigkeitsüberschreitungen während einer Fahrt binnen weniger Minuten. Mit Blick auf obige Ausführung erschein dies unberechtigt.
Wird ein Bußgeldverfahren gegen Sie eingeleitet, so sollte unbedingt die Hilfe eines verkehrsrechtlich spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden.
[1] OLG Koblenz, DAR 2018, 695; OLG Zweibrücken, DAR 2003 281; OLG Hamm, Urt. v. 09.06.2009 - 5 Ss OWi 297/09, zfs 2009 651.
[2] OLG Celle, DAR 2011, 407.
[3] AG Homburg, NStZ-RR 2008, 122.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.