Rechtsanwalt Lars Christian Nerbel, Rechtsberater in Bonn
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Mittwoch, 01.04.2015

Formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei unrenoviert übergebener Wohnung regelmäßig unwirksam



von
Lars Christian Nerbel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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Der BGH urteilt:

Die formularmäßige Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den  Mieter ist unwirksam, wenn an ihn zu Beginn des Mietverhältnisses eine unrenovierte Wohnung - ohne Gewährung eines angemessenen Ausgleichs – übergeben worden ist.

Der Fall:

Die Beklagten waren zwischen den Jahren 2002 und 2011 Mieter einer Wohnung der Kläger (Vermieter) in Berlin. Der Mietvertrag wurde per 1.10.2002 geschlossen. Die Miete wurde den Mietern zu Beginn des Mietverhältnisses für einen halben Monat erlassen. Im Gegenzug sollten die Mieter Streicharbeiten in drei nicht renoviert übergebenen Zimmern durchführen.

Innerhalb des Mietvertrages verpflichteten sich die Mieter weiterhin gegenüber dem Vermieter die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen.

Nach Beendigung des Mietverhältnisses führten die Mieter keine Schönheitsreparaturen durch. Sie hielten die Schönheitsreparaturklausel für unwirksam. Der Vermieter nahm die Mieter daraufhin auf Schadenersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen in Anspruch.

Die gerichtliche Entscheidung:

Das zuständige Amtsgericht gab dem Vermieter weitgehend Recht und verurteilte die Mieter zur Zahlung von Schadenersatz. Die hiergegen gerichtete Berufung der Mieter blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Landgericht aus, die Mieter würden nicht unzumutbar dadurch belastet, dass ihnen sowohl die Anfangs- als auch die laufende Renovierung übertragen würden, denn nach der Regelung im Mietvertrag seien die Mieter gegenüber der Vermieterseite nicht verpflichtet worden, die dort genannten Malerarbeiten zu Beginn des Mietverhältnisses in einer bestimmten Art und Weise und bestimmten Frist auszuführen. Eine – hier nicht mit starren Fristen versehene – Überwälzung der Schönheitsreparaturverpflichtung benachteilige den Mieter auch bei einer anfänglich nicht renovierten Wohnung nicht unangemessen, solange die Renovierungsfristen erst ab Beginn des Mietverhältnisses liefen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsverlangen weiter.

Der BGH wies die Klage des Vermieters nun unter Aufhebung der Vorentscheidung insgesamt ab. Der BGH führt aus, dass die Mieter bei Nutzungsbeginn de facto eine unrenovierte Wohnung übernommen hatten. Die verwendete Schönheitsreparaturklausel führe bei kundenfeindlichster Auslegung dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsse, als er sie selbst vom Vermieter erhalten habe. Dies sei unbillig. Hieran ändere der vom Vermieter zu Mietbeginn gewährte Nachlass nichts, da eine halbe Monatsmiete in diesem Fall keinen angemessenen Ausgleich darstellt.

Praxistipp:

Der BGH hat es dem Vermieter erneut schwerer gemacht, Schönheitsreparaturen formularmäßig auf den Mieter abzuwälzen. Solche Klauseln sind – Stand heute – nur dann möglich, wenn der Vermieter eine komplett renovierte Wohnung an den Mieter übergibt. Beabsichtigt der Vermieter die Verwendung einer Schönheitsreparaturklausel bei unrenoviert übergebener Wohnung, muss er einen Nachlass in solcher Höhe gewähren, der die fiktiven Renovierungskosten erreicht.

Praxisnäher dürfte es wohl aber sein, insgesamt auf die Verwendung von Schönheitsreparaturklauseln zu verzichten. Im Gegenzug sollte der Vermieter die Miete bereits zu Beginn des Mietverhältnisses so kalkulieren, dass er wirtschaftlich dazu in die Lage versetzt wird, anfallende Schönheitsreparaturen selbst zu tragen.

 

Bezug:

BGH Urteil v. 18.03.2015 - VIII ZR 185/14 –

vorgehend:

AG Tempelhof-Kreuzberg - Urteil vom 9. August 2013 - 22 C 57/12 LG Berlin - Urteil vom 25. Juni 2014 - 65 S 388/13 

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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