Rechtsanwalt Dr. jur. Ingo E. Fromm, Rechtsberater in Koblenz
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Dienstag, 13.09.2005

Zuständigkeit zum Führerscheinentzug



von
Dr. jur. Ingo E. Fromm
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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Für die Erteilung des Führerscheins ist bekanntlich die Fahrerlaubnisbehörde zuständig. Die Fahrerlaubnisverordnung bestimmt, dass derjenige, der auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, der Erlaubnis dieser Behörde bedarf. Die Zuständigkeit dieser Behörde erstreckt sich auch auf den Entzug des Führerscheins, also wenn nachträglich Bedenken an der Fähigkeit des Führerscheininhabers aufkommen, ohne Gefahren für sich und andere ein Fahrzeug zu führen. Daher enthält die Fahrerlaubnisverordnung die Regelung, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei körperlicher oder geistiger Ungeeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers den Führerschein entziehen darf. Zum Beispiel für den häufigsten Fall einer Trunkenheitsfahrt oder Betäubungsmittelabhängigkeit kann die Fahrerlaubnisbehörde als milderes Mittel ebenfalls die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens oder die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ("Idiotentest") anordnen. Da eine Trunkenheitsfahrt auch eine Straftat ist (ab 1,1 Promille ohne und ab 0,3 Promille mit alkoholbedingten Ausfallerscheinungen) muss der Täter daneben auch mit einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht rechnen. Auch hier muss er mit dem Entzug der Fahrerlaubnis durch den Strafrichter rechnen. Der Entzug der Fahrerlaubnis ist eine so genannte Maßregel der Besserung und Sicherung, die zusätzlich neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt werden darf. Wichtig zu wissen ist also, dass zwei Verfahren eingeleitet werden: Das Strafverfahren sowie das auf Entzug der Fahrerlaubnis gerichtete Verwaltungsverwahren. Das "Nebeneinander" der Verfahren ist im Straßenverkehrsgesetz geregelt. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass verschiedene staatliche Organe mehrfach über die Eignung einer Person befinden und diese Eignung sogar unterschiedlich beurteilen. Es würde keinen Sinn machen, dass der Strafrichter dem Täter die Fahrerlaubnis belässt und die Fahrerlaubnisbehörde anschließend anders befindet und ihm den Führerschein wegnimmt.

Die Fahrerlaubnisbehörde unterliegt daher für die Zeit, in der das Strafverfahren läuft, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach Strafgesetzbuch in Betracht kommt, einem Befassungsverbot. Sie darf aufgrund des im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren untersuchten Sachverhaltes selbst keine Anordnungen treffen, selbst wenn aufgrund des konkreten Lebenssachverhalts offenkundig keine Eignung oder Befähigung (mehr) zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Zuständigkeitssperre der Fahrerlaubnisbehörde. Nur der Strafrichter oder die Ermittlungsbehörden sind zuständig. Im Strafverfahren wird vorrangig entschieden, ob Führerscheinentziehungsmaßnahmen notwendig sind. Erst nach Abschluss des Strafverfahrens darf die Fahrerlaubnisbehörde Maßnahmen ergreifen, die allerdings den Feststellungen im Strafurteil nicht widersprechen dürfen.

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Verwaltungsbehörden aufgrund des von ihr bezweckten Schutzes des Straßenverkehrs bei einem strafrechtlich relevanten Verhalten eines Inhabers einer Fahrerlaubnis überhastet reagieren und vorschnell die Entziehung der Fahrerlaubnis aussprechen, obwohl hier nur der Strafrichter und seine Ermittlungsbehörden zuständig sind. Einigen Fahrerlaubnisbehörden scheint der Vorrang des Strafverfahrens oft nicht bekannt zu sein, jedenfalls wird die Vorschrift des § 3 III des Straßenverkehrsgesetzes sehr oft missachtet. Ordnet die Verwaltungsbehörde gegen den Fahrerlaubnisinhaber bei Anhängigkeit eines Strafverfahrens die Entziehung des Führerscheins oder die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, die die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Konsequenz haben können, so steht dies grundsätzlichen dem vom Gesetzgeber gewollten Vorrang des Strafverfahrens entgegen. Hiergegen kann sich der Bürger vor den Verwaltungsgerichten wehren. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat daher am 10. 5. 2006 (Az.:10 B 10371/06) bestätigt, dass die Fahrerlaubnisbehörde über die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen eines Sachverhalts, der Gegenstand eines Strafverfahrens ist, in dem die Fahrerlaubnisentziehung in Betracht kommt, vor dem rechtskräftigen Abschluss dieses Strafverfahrens nicht entscheiden darf. Sonst verletzt ihre Entscheidung stets den Fahrerlaubnisinhaber in seinen Rechten.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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