Rechtsanwalt Dr. jur. Ingo E. Fromm, Rechtsberater in Koblenz
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Mittwoch, 01.09.2010

Tateinheitliche Bewertung bei Doppelwochenlenkzeitüberschreitungen



von
Dr. jur. Ingo E. Fromm
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

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Verstößen gegen Vorschriften über Lenkzeiten, Lenkzeitunterbrechungen und/oder Ruhezeiten haben vor deutschen Amtsgerichten Hochkonjunktur. Tagtäglich werden Lkw-Fahrer wegen Ordnungswidrigkeiten nach der Verordnung (EG) 561/2006 in Verbindung mit dem Fahrpersonalgesetz zu exorbitanten Geldbußen verurteilt. Geldbußen von weit über 2.000 EUR gegen Berufslastkraftfahrer sind keine Seltenheit. Oftmals gelingt es dem Verteidiger, die Geldbuße wegen der – schlechten – wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu reduzieren.

Mit Beschluss vom 17.02.2010 hat das Oberlandesgericht Koblenz, Az.: 2 SsBs 82/09, den Betroffenen nunmehr eine Steilvorlage zu einer weiteren Absenkungen der Geldbuße gegeben. Die Kenntnis dieser Entscheidung ist daher geradezu obligatorisch für Speditionen und Personal:

Bekanntlich ist die Lenkzeit in zwei aufeinander folgenden Wochen (Doppelwoche) auf höchstens 90 Stunden begrenzt. Was passiert nun, wenn der Fahrer die zulässige tägliche Tageslenkzeit in dem zweiwöchigen Zeitraum überschritten hat, was auch eine Überschreitung der Doppelwochenlenkzeiten zur Folge hatte? Zwar hat er hierdurch das Gesetz zweimal verletzt, führen die mehrfachen Gesetzesverletzungen zur Verhängung insgesamt nur einer Geldbuße (man spricht juristisch von Tateinheit nach § 19 des Gesetz über Ordnungswidrigkeiten) oder fallen zu Ungunsten des Betroffenen mehrere gesonderte Geldbußen an (Tatmehrheit, § 20 OWiG)? Das OLG Koblenz entschied, dass die betreffenden Tageslenkzeiten Bestandteile der Doppelwochenlenkzeit sind. Insofern bestehe jeweils Tateinheit, wobei die einzelnen Überschreitungen der Tageslenkzeit aufgrund des jeweils tateinheitlich mit dem Verstoß gegen die Doppelwochenlenkzeit über diesen verklammert werden. Die die zulässige tägliche Höchstdauer in dem zweiwöchigen Zeitraum überschreitenden Lenkzeiten stellen sich somit nicht nur als bei Gelegenheit der Doppelwochenlenkzeitüberschreitung erfolgt oder sich zufällig zeitlich mit dieser überschneidend, sondern als tatbestandserheblicher Beitrag zur Doppelwochenlenkzeitüberschreitung dar.

In Bußgeldbescheiden, die Verstöße gegen das Fahrpersonalgesetz zum Gegenstand haben, sollte „mit Argusaugen“ darauf geachtet werden, ob bei Doppelwochenlenkzeitüberschreitung nicht zu Unrecht mehrere Geldbußen verhängt wurden. Angesichts des Umstands, dass sich die Entscheidung des OLG Koblenz v. 17.02.2010 außerhalb des OLG-Bezirks noch nicht weit herumgesprochen hat, sind noch diverse „falsche Bußgeldbescheide“ im Umlauf, so dass hiergegen Einspruch eingelegt werden sollte, um vor dem Amtsgericht auf die tateinheitliche Bewertung hinzuweisen, mit der Folge, dass schon aus diesem Grunde – selbst bei erwiesenen Verstößen gegen das Fahrpersonalrecht – eine erhebliche Reduzierung der Geldbuße vorzunehmen ist.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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