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Dienstag, 07.12.2010

Wikleaks - Zuflucht in Deutschland



von
Elmar Kloss
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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Stand: 07.12.2010

In den USA bricht Wikileaks die technische Plattform weg – US-Unternehmen scheinen sich unter politischem Druck auf sehr vage formulierte allgemeine Geschäftsbedingungen zu berufen. Direkte rechtliche Schritte gegen die US-Dienstleister von Wikileaks sind aber nicht bekannt geworden. Wie sähe es in Deutschland aus?

I.

Die Netzanbindung wäre unproblematisch. Für Zugangsprovider gilt weiterhin, diese dürfen weder die Verbindung noch den Kommunikationsinhalt ihrer Kunden auswerten, kontrollieren oder einschränken. Noch gibt es keine gesetzlichen oder technischen Grundlagen für die Sperre von Webseiten.

II.

Webhoster sind nach deutschem Recht für von ihren Kunden ins Netz gestellte Inhalte zunächst nicht verantwortlich. Erst und nur wenn der Webhoster einen deutlichen Hinweis auf die Illegalität eines konkreten Inhaltes erhält, muss er – so jedenfalls die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes, auch wenn der Gesetzgeber dies wohl nicht so gemeint hat – den konkreten Inhalt auf die rechtliche Zulässigkeit prüfen und ihn ggf. sperren („Notice and take down“). Pauschale Beschwerden genügen dabei nicht. Es muss vielmehr präzise darauf hingewiesen werden, welche ganz konkreten Inhalte aus welchem Gesichtspunkt illegal sein sollen. Im Falle Wikileaks also, warum ein konkretes einzelnes Dokument nicht öffentlich zugänglich gemacht werden dürfe.

Hinsichtlich jedenfalls der allermeisten von Wikileaks veröffentlichten Dokumente dürfte es nach deutschem Recht bereits an belastbaren Argumenten gegenüber dem Webhoster fehlen:

1.

Das deutsche Strafrecht schützt „Staatsgeheimnisse“ der Bundesrepublik Deutschland (§§ 93 ff StGB), nicht demgegenüber Geheimnisse anderer Staaten, auch nicht anderer Nato-Mitgliedern und erst recht nicht jeden diplomatischen Gedankenaustausch. Diplomaten, Regierungsmitglieder und Staatsoberhäupter ausländischer Staaten werden zwar nach deutschen Strafrecht auch gegen in Deutschland ausgesprochene Beleidigungen geschützt (§ 103 StGB), dies ist aber nicht das Problem von Wikileaks oder seinem Webhoster (weil die Veröffentlichung einer Beleidigung nicht der Beleidigung selbst gleichsteht).

2.

Datenschutz wird durch die Pressefreiheit begrenzt, wie z.B. Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 16.12.2008, Az.: C-73/07 sehr deutlich festgestellt hat (Veröffentlichungen von Einkommenssteuererklärungen). Wikileaks fällt aufgrund seines Beitrages zur öffentlichen Meinungsbildung sicher unter den weiten Pressebegriff und ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an dem Inhalt der Dokumente wird regelmäßig vorliegen. Dabei spielt auch eine Rolle, Wikileaks veröffentlicht nicht Informationen zum Privatleben von Personen handelt, sondern Vorgänge von Bedeutung für die Allgemeinheit. Datenschutzrechtliche Bedenken werden deswegen kaum einmal durchgreifen.

3.

Urheberrechtsschutz wird kaum eine Rolle spielen. Denn das Urheberrecht schützt nicht jede „Bleiwüste“, sondern nur die „persönlich geistige Schöpfung“. Gerade Verwaltungsdokumente sind aber schon nach ihrer Struktur darauf ausgerichtet, mit einer formalisierten Struktur die Persönlichkeit des Verfassers gerade in den Hintergrund zu stellen (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.04.1986, Az. I ZR 213/83, zu Anwaltsschriftsätzen).

4.

Schließlich wäre auch die Wiedergabe interner Unterlagen einer Großbank, wie zuletzt von Wikileaks angekündigt, für den Webhoster regelmäßig unproblematisch. Denn ein „Bankgeheimnis“ gibt es im Rechtssinne nicht und Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse müssen durch Mitarbeiter, Wettbewerber usw. geschützt werden (§17 ff UWG), nicht aber durch die Presse und andere meinungsbildende Institutionen.

III.

Fazit: Nicht alles, was unerwünscht ist, ist auch illegal. Wikileaks wäre in Deutschland rechtlich unproblematisch zu betreiben.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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