Rechtsanwalt Eckhard Finke, Rechtsberater in Koblenz
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Montag, 09.12.2019

Der schnelle Weg zur Restschuldbefreiung



von
Eckhard Finke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Steuerberater

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Das deutsche Insolvenzverfahren dauert im Normalfall 6 Jahre, bis dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt werden kann. Wenn die angefallenen Kosten aus der Insolvenzmasse gedeckt werden können, der Schuldner also nicht auf eine Stundung der Verfahrenskosten angewiesen ist, verkürzt sich die Laufzeit des Verfahrens auf 5 Jahre. Die zu begleichenden Kosten liegen etwa bei 2000-2500 €. Nur in besonderen Fällen, wenn es dem Schuldner gelingt innerhalb der ersten 3 Jahre mindestens 30 % der Gläubigerforderungen und die Kosten, die dann allerdings deutlich höher liegen, auszugleichen, kommt auch eine vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung und eine sofortige Beendigung des Verfahrens nach drei Jahren in Betracht. Einzelheiten hierzu sind in der Praxis umstritten und werden von den Gerichten unterschiedlich behandelt.

Stets gibt es (seit 2016 auch im Verbraucherinsolvenzverfahren) die Möglichkeit eines Insolvenzplans zur schnelleren Entschuldung vorzulegen, wenn den Gläubigern etwas geboten werden kann, was sie im normalen Verfahrensablauf voraussichtlich nicht kriegen würden.

In anderen europäischen Ländern sind Insolvenzverfahren bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung deutlich kürzer. Beispielhaft sei auf die Verfahren in Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und auch England verwiesen. Teilweise dauern hier die Verfahren nur ein bis zwei Jahre bis dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt wird. Da die in einem Land der EU erteilte Restschuldbefreiung auch in jedem anderen Land anzuerkennen ist, ist und war die Durchführung eines Verfahrens im Ausland auch für deutsche Schuldner interessant, selbst wenn sie nur Schulden, die in Deutschland begründet worden sind haben. Dies hat vermehrt zu einem „Insolvenztourismus“ geführt. Die Anforderungen der einzelnen Länder sind aber zwischenzeitlich deutlich strenger geworden, insbesondere was Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in dem Land betrifft, in dem das Verfahren abgewickelt werden soll.

Auf EU-Ebene wurde daher seit längerer Zeit über eine Angleichung der Verfahren und hierbei über eine Verkürzung der Verfahrensdauer diskutiert. Es gab hierzu sehr unterschiedliche Vorstellungen. Insbesondere Deutschland und Polen haben sich vehement gegen eine Verkürzung der Verfahrensdauer und einer damit verbundenen frühzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung gewehrt.

Nunmehr hat die EU eine Richtlinie erlassen (europäische Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie), nach der die Mitgliedstaaten ihre Verfahrensvorschriften dahingehend ändern müssen, dass das Restschuldbefreiungsverfahren maximal 3 Jahre dauern darf. Wirksam wird diese Neuregelung aber erst mit der Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber ins deutsche Recht. Der Verbraucher kann sich auf die Richtlinie nicht unmittelbar berufen. Die Richtlinie verlangt eine Umsetzung ins nationale Recht innerhalb einer Frist von 2 Jahren. Diese Frist läuft am 17.7.2021 ab. Die Staaten können allerdings einmalig eine Fristverlängerung um 1 Jahr beantragen, sodass die Neuregelung tatsächlich spätestens im Juli 2022 vorliegen muss.

Damit stellt sich für den Schuldner aktuell die Frage, ob er jetzt einen Insolvenzantrag stellt und sich einem 6- bzw. 5-jährigen Verfahren unterwirft, oder ob er auf die Neuregelung wartet, um dann mit 3 Jahren Verfahrensdauer davonzukommen. Möglicherweise überholt der jetzt wartende Schuldner dann den jetzt handelnden Schuldner. Aus der Erfahrung der Vergangenheit mit gesetzlichen Neuregelungen muss davon ausgegangen werden, dass es keine rückwirkende Verkürzung der Verfahrensdauer geben wird. Es kommt also auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Eröffnung des jeweiligen Insolvenzverfahrens an.

In Fachkreisen wird derzeit kontrovers darüber diskutiert, ob mit einer schnellen Neuregelung in Deutschland zu rechnen ist oder ob Deutschland die Frist eher weitestgehend ausschöpfen wird. Für jede dieser Meinungen gibt es gute Argumente, auf deren Darlegung ich hier aber verzichten möchte.

Nunmehr hat sich die Justizministerin Christine Lambrecht zum Thema geäußert und angekündigt, dass die Bundesregierung eine zeitnahe Umsetzung der Richtlinie plane. Man hat dort wohl insbesondere Angst davor, dass Schuldner sich derzeit mit einem Insolvenzantrag zurückhalten und auf die Neuregelung warten, und dann nach der Anpassung der Laufzeit des Verfahrens eine Vielzahl von (zurückgehaltenen) Insolvenzanträgen die Gerichte überschwemmt und belastet, was dann eine zeitnahe und ordnungsgemäße Bearbeitung erschwert und gefährdet.

Das Justizministerium erwägt daher, eine gestaffelte Verkürzung der Laufzeit einzuführen und dadurch die Ungleichheit der Behandlung der Schuldner zu verringern und Wellen von Anträgen zu bestimmten Stichtagen zu verhindern. Die neue 3-jährige Frist soll also nur allmählich und kontinuierlich eingeführt werden. Das würde bedeuten, dass das Verfahren in einem Zwischenschritt erst einmal auf zum Beispiel 4 Jahre verkürzt wird und erst die zu einem späteren Stichtag vorliegenden Anträge dann die neue 3-jährige Frist nutzen können.

Es ist aber noch alles offen und derzeit kann keiner genau sagen, wann und was kommt. Nur dass es bis Mitte 2022 kommen wird ist gewiss. So muss jeder Schuldner selbst überlegen und entscheiden, wann er einen Antrag stellt und was für ihn und seine individuelle Lage sinnvoll ist.

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