Rechtsanwalt Lars Christian Nerbel, Rechtsberater in Bonn
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Montag, 03.12.2018

Welche Haustiere muss der Vermieter dulden?



von
Lars Christian Nerbel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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Der Fall:

Die Klägerin ist Vermieterin und Eigentümerin eines Einfamilienhauses. Der Beklagte ist der Mieter. In § 17 des Mietvertrages ist vereinbart: "Tiere dürfen nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Vermieters gehalten oder zeitweilig verwahrt werden... Kleintiere (kleine Vögel, Zierfische o.ä.) unterliegen dem Erlaubnisvorbehalt nicht." Anlässlich eines Besichtigungstermins stellte die Klägerin fest, dass in einem Zimmer im Erdgeschoss zwei Warane mit einer Körperlänge von mehr als 1 m frei herumliefen. Die Tapete löste sich in dem Zimmer teilweise von der Wand. Die Klägerin mahnte den Beklagten wegen des Verstoßes gegen das Genehmigungserfordernis der Tierhaltung ab und forderte ihn unter Fristsetzung dazu auf, sämtliche Tiere abzuschaffen.

Die Beklagten reagierte nicht. Die Klägerin sprach daraufhin mit der Klageschrift eine fristlose Kündigung, hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin aus.

Zum Zeitpunkt des Urteils des AG Bielefeld hielten die Beklagten u.a. folgende Tiere:

In einem Zimmer im Erdgeschoss lebten zwei Cumingi-Bindenwarne in einem Terrarium um mit den Abmessungen 1,50 m x 1,00 m x 1,50 m. Das weibliche Tier wies eine Gesamtlänge von 1,20 m, das männliche Tier von 1,70 m bis 1,80 m auf. Die Tiere durften das Terrarium verlassen und sich frei im Zimmer bewegen. Sie durften ferner das Zimmer in Gegenwart der Beklagten verlassen. Da Warane nicht "stubenrein" sind, kam es vor, dass sie Kot und Urin auf dem Fußboden hinterließen. Die Klägerin verlangt im Rahmen des Verfahrens vor dem Amtsgericht die Räumung der Mietsache. Mit Recht?

Das Urteil des AG

Das AG gibt der Klage statt. Die Beklagten mussten die Mietsache räumen.

Nach Auffassung des AG war die Klägerin berechtigt, das Mietverhältnis über das Einfamilienhaus fristlos zu kündigen. Nach Ansicht des Gerichts war der Klägerin die vertragswidrige Nutzung des Mietobjekts in Form einer über den normalen Mietgebrauch hinausgehenden Tierhaltung durch die Beklagten nicht weiter zumutbar.

Entgegen § 17 des Mietvertrages halten die Beklagten in der Mietwohnung u.a. zwei ausgewachsene Bindenwarane, ohne dass hierfür die erforderliche Erlaubnis der Vermieterin vorliegt. Nach Ansicht des AG haben die Beklagten auch keinen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis, da die von ihnen praktizierte Tierhaltung weit über das Maß hinausgeht, welches noch einen normalen Gebrauch des Mietobjektes zu Wohnzwecken darstellt. Das Gericht verkennt nicht, dass es sich um ein freistehendes Einfamilienhaus handelt, welches mit 8 Zimmern, 2 Küchen, 2 Dielen, 2 Bädern, einer Terrasse und 5 Kellerräumen sicherlich eine hinreichende Größe aufweist, um auch mehrere Tiere aufzunehmen, zumal die Beklagten es lediglich mit zwei Personen bewohnen. Auch wird das Objekt lediglich von den Beklagten bewohnt, so dass auf die Belange anderer Bewohner des Hauses oder von Nachbarn weniger Rücksicht zu nehmen ist. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass von der vorliegenden Tigerhaltung Belästigungen durch Geräusche und Gerüche für die Nachbarschaft entstehen. Zu berücksichtigen ist nach Auffassung des AG allerdings die Größe der Warane, die eine Gesamtkörperlänge einschließlich Schwanz von 1,20 m bzw. 1,80 m aufweisen. Es handelt sich hierbei zweifellos nicht lediglich um Kleintiere. Zudem handelt es sich nicht um typische Haustiere, sondern um sogenannte Exoten. Die Warane sind auch nicht als völlig harmlos einzustufen. Hinzu kommt vorliegend, dass die Tiere nicht ausschließlich im Terrarium gehalten werden, sondern sich jedenfalls in Gegenwart der Beklagten frei in der gesamten Wohnung bewegen können. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Warane nicht als "stubenrein" bezeichnet werden können. Vielmehr hinterlassen die Tiere ihre Ausscheidungen unkontrollierbar auf dem Fußboden des Mietobjektes. Dass von diesen Ausscheidungen eine erhebliche Geruchsbelästigung ausgeht, hatten die Beklagten eingeräumt. Ferner hatten die Beklagten auf Nachfrage des Gerichts bestätigt, dass diese Ausscheidungen von ihrer Konsistenz her so beschaffen sind, dass sie unverzüglich aufgewischt werden müssen. Auch wenn die Beklagten betonten, hierfür stets Sorge zu tragen, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass solche Ausscheidungen übersehen werden und in die Bodenbeläge einziehen oder auf andere Weise Schäden Bodenbelägen hervorrufen. Das AG befasst sich weiter mit den Aspekten des Tierschutzes. Die gegenwärtige Form der Haltung erscheint dem Gericht zweifelhaft. Die Tiere werden lediglich unter Aufsicht aus ihrem Terrarium herausgelassen. Dieses hat allerdings lediglich Abmessungen von 1,50 m x 1, 00 m x 1,50 m. In diesem halten sich beide Tiere ca. 14 Stunden täglich auf. Auch wenn die Warane über keinen ausgeprägten Bewegungsdrang verfügen, so ist doch nicht nachvollziehbar, wie sich die Tiere, die Körperlängen von 1,20 m bzw. 1,80 m aufweisen, in diesem Behältnis überhaupt bewegen sollen. Daneben erschien es für das Gericht zweifelhaft, ob die Tiere sich tatsächlich nur 14 Stunden am Tag in diesem Terrarium aufhalten, denn beide Beklagte sind vollzeitig berufstätig. Zu den üblichen Arbeitszeiten kommen Schlaf- und Ruhezeiten sowie sonstige Zeiten für Einkäufe, Besorgungen oder Hausarbeiten, in denen die Beklagten sich nicht mit den Tieren beschäftigen können. Zudem hatten die Beklagten selbst ausgeführt, dass zu einer artgerechten Haltung auch gehört, dass die Tiere ausreichend Auslauf haben und ihre Umgebung erkunden können. Daneben gehöre auch dazu, dass sie etwa die Möglichkeit haben, in Sand zu buddeln oder sich einzugraben. Die Schaffung solcher Möglichkeiten in Wohnräumen geht allerdings auch in einem Einfamilienhaus deutlich über einen normalen Wohngebrauch hinaus. Schließlich ist für das Gericht auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten in einer Form, die über die rein emotionale Bindung zu den Tieren hinausgeht, auf die Tiere angewiesen wären. Angesichts des vorliegenden Ausmaßes der Tierhaltung, ist dieser Fall nicht mit der Haltung eines einzelnen Hundes vergleichbar, so dass es für die Beurteilung des vorliegenden Falles unerheblich ist, ob die Klägerin den Vormietern die Haltung eines Hundes gestattet hat.

Praxishinweis

Auf den ersten Blick erscheint das Urteil eindeutig und nicht erwähnenswert. Allerdings ist es in diesem Zusammenhang doch sehr bemerkenswert, dass sich das Amtsgericht sehr ausführlich mit der Fragestellung befasst hat, ob die Vermieterin den Mietern die vorliegende Tierhaltung gestatten muss, da die praktizierte Tierhaltung noch einen normalen Gebrauch der Mietsache darstellt.

Diese intensive Auseinandersetzung ist auch zwingen geboten, denn was zum normalen Mietgebrauch gehört lässt sich nach Auffassung des BGH nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten feststellen. Zu den Beurteilungskriterien zählen insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet, Anzahl, persönliche Verhältnisse, namentlich Alter, und berechtigte Interessen der Mitbewohner und Nachbarn, Anzahl und Art anderer Tiere im Haus, bisherige Handhabung des Vermieters sowie besondere Bedürfnisse des Mieters. Auch Gesichtspunkte des Tierschutzes sind bei der Abwägung zu berücksichtigen. Unabhängig von der Größe der Tiere ist es vertragswidrig, gefährliche Tiere zu halten

Lediglich das Halten von exotischen Tieren, auf die Mitbewohner allgemein mit Abscheu, Ekel oder Angst reagieren, gehört regelmäßig nicht zum Wohngebrauch.

In der Praxis ist es daher selten einfach darüber zu entscheiden, welches Haustier der Vermieter gestatten muss und welches nicht.

Vor diesem Hintergrunde sollten Vermieter in jedem bei Abschluss des Mietvertrages darauf achten, ausschließlich aktuelle Mietverträge verwenden, um unwirksame AGB zum Thema „Tierhaltung“ zu vermeiden. Zudem sollte das Thema „Tierhaltung“ mit den Mietern im Zuge des Mietvertragsabschlusses verhandelt und gemeinsam abgestimmt werden, welche Tiere erlaubt sind und welche nicht.

Kommt es später doch zum Streit über die Tierhaltung, so sollte sich der Vermieter an Haus & Grund oder einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden, um vor bösen Überraschungen vor Gericht verschont zu bleiben.

 

Nach einem Urteil des AG Bielefeld, Urteil vom 25.07.2018 - 401 C 275/17

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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