Rechtsanwalt Lars Christian Nerbel, Rechtsberater in Bonn
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Dienstag, 20.10.2015

Mängel an Dach-Photovoltaikanlagen verjähren in zwei Jahren!



von
Lars Christian Nerbel
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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Leitsatz

Ansprüche des Käufers wegen Mangelhaftigkeit der Komponenten einer Photovoltaikanlage, die der Käufer auf ein bereits vorhandenes Dach angebracht hat, unterliegen nicht der fünfjährigen Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 b BGB, sondern der zweijährigen Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

Der Fall:

Ein Hauseigentümer kaufte am 22. April 2004 von einem Händler sämtliche Einzelteile einer Photovoltaikanlage. Vertragsgegenstand war nur die Lieferung der Teile, nicht der Einbau. Der Hauseigentümer ließ die Module in der Folgezeit auf seinem vorhandenen Dach montierte. Der Hauseigentümer zahlte den vereinbarten Kaufpreis an den Händler.

 Im Zuge einer Begutachtung der PV-Anlage im Winter 2005/2006 kam der beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten vom 28. Juni 2006 u.a. zu dem Ergebnis, dass bei einigen Modulen eine „Delamination“ zu verzeichnen sei. Die PV-Anlage war im Ergebnis mangelhaft. Im Juli 2007 erhob der Hauseigentümer Klage gegen den Händler auf Zahlung von Schadenersatz. Der Händler erhebt die Einrede der Verjährung. Es gelte nicht die fünfjährigen Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 b BGB, sondern der zweijährigen Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

Das Urteil:

Die vom Händler erhobene Einrede der Verjährung greift durch:

Nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB verjähren Ansprüche bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, in fünf Jahren. So verhält es sich im Streitfall aber nicht. Die auf dem Dach errichtete Photovoltaikanlage, zu deren Erstellung die Module dienten, ist mangels Verbindung mit dem Erdboden selbst kein Bauwerk im Sinne des Gesetzes. Bauwerk ist allein das Haus, auf deren Dach die Solaranlage montiert wurde. Für das Haus sind die Solarmodule jedoch nicht verwendet worden. Sie waren weder Gegenstand von Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an dem Haus, noch sind sie für deren Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit von (wesentlicher) Bedeutung. Vielmehr dient die Solaranlage eigenen Zwecken, denn sie soll Strom erzeugen und den Hauseigentümer finanziell entlasten; um diesen Zweck zu erfüllen, hätte die Anlage auch auf jedem anderen Gebäude angebracht werden können. Die Photovoltaikanlage hat mithin keine Funktion für das Gebäude selbst, sondern sie ist, weil es dem Bauherrn zweckdienlich erschien, lediglich ebendort angebracht worden.

Allein dies führt nicht dazu, dass die für die Montage von der Klägerin gelieferten Einzelteile "für ein Bauwerk" verwendet worden wären (vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95NJW-RR 1998, 89 unter II 2 b).

Aus dem Umstand, dass der Einbau der Solarmodule weder für die Konstruktion, den Bestand, die Erhaltung oder die Benutzbarkeit des Hauses von (wesentlicher) Bedeutung ist, folgt überdies, dass die Mangelhaftigkeit der Solarmodule nicht auch die Mangelhaftigkeit des Hauses verursacht hat.

Damit gilt die zweijährige Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Die Verjährungsfrist begann mit Übergabe der PV-Anlagenteile an den Hauseigentümer im April 2004. Seine Ansprüche waren daher mit Ablauf des April 2006 verjährt. Die Klageerhebung im Juli 2007 war verspätet.

Praxistipp:

Die gerichtliche Entscheidung ist richtig. Eine auf einem Dach errichtete PV-Anlage stellt selbst kein Bauwerk im Sinne des Gesetzes dar, da sie selbst nicht fest mit dem Boden verbunden ist. Bauwerk ist hier alleine das Haus, auf welchem die Solarmodule aufliegen. Solarmodule sind daher – soweit es die Frage der Verjährung betrifft – genauso zu behandeln, wie beispielsweise TV-Geräte. Eigentümer von Solarmodulen, die auf Nummer sicher gehen sollten, sollten daher ihre Solarmodule in jedem Falle von Ablauf von zwei Jahren nach Erhalt auf Mangelfreiheit überprüfen lassen.

Wichtig auch:

Die zweijährige Gewährleistungsfrist gilt regelmäßig auch dann, wenn durch den Verkäufer Lieferung und Montage einer PV-Anlage geschuldet ist. Hierbei handelt es sich um einen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (Werklieferung, § 651 BGB). Die Pflicht zur Eigentumsübertragung steht im Vordergrund, die Montageleistungen dominieren den Vertrag nicht. Ein Großteil der Investitionskosten entfällt nämlich auf die Module, nicht die Montage.

 

Bezug:

BGH, Urteil vom 09.10.2013 - VIII ZR 318/12 vorhergehend: OLG Frankfurt, 22.08.2012 - 16 U 14/12 LG Limburg, 19.12.2011 - 2 O 68/10

LG Mainz, Urteil vom 11.12.2013 - 9 O 266/12 (nicht rechtskräftig)

OLG Naumburg, Urteil vom 20.02.2014 - 1 U 86/13

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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