Rechtsanwalt Horst-Walter Bodenbach, Rechtsberater in Koblenz
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Sonntag, 11.09.2005

Kündigung in der Insolvenz



von
Horst-Walter Bodenbach
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Dem Insolvenzverwalter steht nach § 113 Absatz 1 der Insolvenzordnung (InsO) das Recht zu, ein Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von höchstens drei Monaten zum Monatsende auch dann zu kündigen, wenn der Arbeitsvertrag längere Kündigungsfristen vorsieht. Dies gilt selbst dann, wenn dem betreffenden Arbeitnehmer zuvor bereits mit der längeren gesetzlichen oder vertraglichen Frist gekündigt worden war. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich entschieden (Urteil vom 22. Mai 2003 – 2 AZR 255/02).

Im November 2000 war der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Arbeitgeberin bestellt worden, bei der der Kläger seit 1979 beschäftigt war. Neben anderen Befugnissen wurde dem Beklagten von dem zuständigen Amtsgericht auch das Recht übertragen, als vorläufiger Insolvenzverwalter Kündigungen auszusprechen.

Im Dezember 2000 kündigte der Beklagte dem Kläger mit der für das Arbeitsverhältnis geltenden Sechsmonatsfrist zum 31. Juli 2001. Als Grund gab er die geplante Betriebsstillegung an. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger gerichtlich nicht gewehrt. Nachdem am 1. Januar 2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin eröffnet und der Beklagte nunmehr zum Insolvenzverwalter bestellt worden war, kündigte dieser dem Kläger erneut unter Berufung auf die bereits durchgeführte Betriebsstillegung, diesmal jedoch mit der verkürzten Kündigungsfrist des § 113 Abs. 1 InsO zum 30. April 2001.

Der Kläger wollte nun festgestellt wissen, dass sein Arbeitsverhältnis über den 30. April 2001 hinaus noch bis zum 31. Juli 2001 fortbestanden habe. Doch das BAG hat die Klage wie zuvor das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht Hamm auch in letzter Instanz abgewiesen. Es sah auch die (zweite) Kündigung zum 30. April 2001 als wirksam an, so dass das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 30.04.01 endete. Die zweite Kündigung sei keine unzulässige Wiederholungskündigung, so das BAG. Das Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 113 Abs. 1 InsO bestehe unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer bereits zuvor durch den Arbeitgeber selbst oder – wie in diesem Fall – durch den vorläufigen Insolvenzverwalter gekündigt worden sei. Auch sei nicht etwa die Betriebsstillegung als Kündigungsgrund bereits verbraucht. Denn die zweite Kündigung stütze sich maßgeblich auf die Insolvenzeröffnung und das dadurch ausgelöste Sonderkündigungsrecht. Dies aber seien neue Tatsachen, die den bisherigen Kündigungssachverhalt verändert hätten.

Nach § 113 Abs. 1 InsO kann es also dazu kommen, dass ein bereits gekündigter Arbeitnehmer eine weitere Kündigung erhält, die das Arbeitsverhältnis zu einem noch früheren Zeitpunkt auflöst. Eine Unwirksamkeit der „überholenden“ Kündigung folgt allein hieraus nicht.

Will der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung durch den Insolvenzverwalter geltend machen, so muss er gemäß § 113 Abs. 2 InsO, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung, Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Diese Frist gilt außerhalb der Insolvenz nach § 4 Kündigungsschutzgesetz nur für den Fall, daß sich der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung mit der Begründung wehrt, diese sei sozial ungerechtfertigt. Im Insolvenzfalle können alle Unwirksamkeitsgründe nur innerhalb der 3-Wochenfrist geltend gemacht werden. Die Dreiwochenfrist zwingt den Arbeitnehmer also zur schnellen Reaktion auf ein Kündigungsschreiben.

Kleiner Trost für den Arbeitnehmer, dem durch den Insolvenzverwalter gekündigt wurde: Immerhin kann er wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Schadenersatz von seinem vormaligen Arbeitgeber verlangen (§ 113 Abs. 1 InsO). Ob der allerdings in seiner Insolvenz noch über ausreichende Mittel verfügt, diesen Schadenersatzanspruch zu befriedigen, steht auf einem anderen Blatt.

Kann der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses seinen restlichen Urlaub nicht mehr nehmen, steht ihm ein Urlaubsabgeltungsanspruch zu. Mit Urteil vom 25.03.2002 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass dieser Urlaubsabgeltungsanspruch sich gegen den Insolvenzverwalter richtet und als Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO den übrigen Insolvenzgläubigern vorgeht. Damit hat der Arbeitnehmer eine große Chance, zumindest seine Urlaubsabgeltungsansprüche noch in voller Höhe vom Insolvenzverwalter ausgezahlt zu bekommen.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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