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Der Umstand, dass das Bauvorhaben mehrfach ins Stocken gerät, weil wechselnde Bauleiter des Auftragnehmers und mehrere Nachunternehmer ihre Arbeit trotz mehrerer Aufforderungen des Auftraggebers eingestellt haben, ist geeignet, die Zuverlässigkeit des Auftragnehmers massiv in Frage zu stellen und das Vertrauen des Auftraggebers in eine zielstrebige Fortführung des Bauvorhabens nachhaltig zu erschüttern.
Ein privater Bauherr (Beklagter) beauftragt eine Bauunternehmung (Klägerin) mit der Errichtung eines Einfamilienhauses zu einem Festpreis.
Das Bauvorhaben kommt in der Folgezeit nur schleppend voran. Wiederholt kommt es zum Baustillstand. Ursächlich für das Stocken sind einerseits wechselnde Bauleiter des Bauunternehmers und andererseits Leistungseinstellungen mehrerer Nachunternehmer. Diese Umstände waren vom Bauherrn jeweils nicht zu vertreten.
Der Bauherr rügt wiederholt vergeblich mündlich und schriftlich beim Bauunternehmer den schleppenden Bauablauf. Der Bauunternehmer reagiert stets ausweichend und weiter mit schleppender Leistungserbringung.
Nachdem auch eine letzte Aufforderung des Bauherrn keinen zügigeren Bauablauf zur Folge hat, kündigt der Bauherr das Vertragsverhältnis mit der Bauunternehmung außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund.
In der Folge kommt es zwischen den Parteien u.a. zum Streit hinsichtlich der Frage, ob und in wie weit der Bauunternehmer Schadenersatz für kündigungsbedingt noch nicht erbrachten Leistungen verlangen kann. Maßgeblich für den Ausgang des Werklohnprozesses war die Entscheidung der Frage, ob der Bauherr angesichts des stockenden Bauablaufes dazu berechtigt war, das Vertragsverhältnis außerordentlich fristlos aus wichtigem Grunde zu kündigen.
Sowohl das LG Augsburg, als auch das OLG München bejahen unter Berücksichtigung der vorliegenden Fallkonstellation ein Recht des Bauherrn zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Bauvertrages aus wichtigem Grunde gemäß § 314 BGB. Das OLG führt aus:
Ein außerordentlicher Kündigungsgrund liegt hier bereits darin begründet, dass das Bauvorhaben nach den Feststellungen des Erstgerichts mehrfach ins Stocken geriet, weil einerseits die wechselnden Bauleiter der Klägerin und andererseits mehrere Subunternehmer ihre Arbeit einstellten, was geeignet war, die Zuverlässigkeit der Bauunternehmung massiv in Frage zu stellen. Der Umstand, dass der Bauleiter bzw. der Subunternehmer ihre Arbeit trotz mehrerer Aufforderungen des Bauherrn gegenüber der Bauunternehmung einstellten, ist durchaus geeignet, das Vertrauen des Bauherrn in eine zielstrebige Fortführung des Bauvorhabens nachhaltig zu erschüttern. Dabei muss sich der Bauunternehmer das Verhalten von Bauleiter bzw. Subunternehmern gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.
Ein Anspruch des Bauunternehmers auf Entschädigung für noch nicht erbrachte Leistungen gem. § 649 Satz 2 BGB wurde durch das OLG München daher abgelehnt.
Die Frage, ob der Bauherr zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Bauvertrages aus wichtigem Grunde berechtigt ist, muss stets einzelfallbezogen geklärt werden. Eine generelle Beantwortung dieser Frage ist leider nicht möglich. Die Kündigung des Hausbauvertrages sollte daher ungeachtet der kommentierten Entscheidung des OLG München stets der letzte Ausweg sein. Einerseits ist es regelmäßig nicht einfach, eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund rechtssicher zu begründen und ggf. gerichtlich durchzusetzen. Andererseits stellen sich für den Bauherrn nach Kündigung des Bauvertrages eine Reihe von Folgeproblemen, die erhebliches Know-How, Zeit und vor allem Geld erfordern.
Es empfiehlt sich daher dringend im Falle des stockenden Bauablaufes frühzeitig qualifizierte Hilfe in Anspruch zu nehmen, um den richtigen Umgang mit dieser Situation sicherzustellen.
BGH, Beschluss vom 05.11.2015 – VII ZR 53/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
vorhergehend: OLG München, Urteil v. 11.02.2015 - 27 U 3407/14 Bau
LG Augsburg, Urteil v. 25.07.2014 - 64 O 3118/13
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.