Rechtsanwalt Eckhard Finke, Rechtsberater in Koblenz
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Sonntag, 21.06.2020

Zur Corona-Umsatzsteuerreform und zur Aufarbeitung der vergangenen Corona-Maßnahmen

Corona - und die Zeit danach



von
Eckhard Finke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht
Fachanwalt für Steuerrecht
Steuerberater

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Die Lockerungen des shut downs sind überall festzustellen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden aber noch lange Zeit spürbar bleiben. Es beginnt nunmehr das Aufräumen und hierbei ergeben sich einige Probleme und Risiken.

Darüber hinaus wird auf die anstehende Änderung der Umsatzsteuersätze eingegangen.

Kurzarbeitergeld:

Viele Beschäftigte haben Kurzarbeitergeld erhalten. Die gesetzliche Regelung hierzu wurde deutlich erweitert und erleichtert. Auszahlung des Kurzarbeitergeldes erfolgte durch den Arbeitgeber, sodass sich – mit Ausnahme der Kürzung, soweit keine Aufstockung durch den Arbeitgeber erfolgt ist – beim Arbeitnehmer kaum Veränderungen ergeben haben.

Zwar ist das Kurzarbeitergeld sozialversicherungs- und steuerfrei, es unterliegt aber dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Dies bedeutet, dass der Steuersatz der sonstigen steuerpflichtigen Einkommen aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte unter Einschluss des Kurzarbeitergeldes berechnet wird. In der Folge werden viele Arbeitnehmer (überschaubare) Steuernachzahlungen für das Kalenderjahr 2020 leisten müssen.

Da der vom Arbeitgeber automatisch zum Jahresende durchgeführte Steuerausgleich mit dem Finanzamt nicht durchgeführt werden kann, müssen Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld erhalten haben, eine Steuererklärung machen. Viele werden dies in der Vergangenheit nicht gemacht haben, sodass für sie nunmehr ein zusätzlicher Aufwand entsteht.

Soforthilfe für Soloselbstständige und kleine Unternehmen:

Soloselbstständige und kleine Unternehmen (bis zu 10 Arbeitnehmern) haben im Rahmen der Soforthilfe nicht zurückzahlbare Zuschüsse erhalten, in der Regel zwischen 6.000 und 12.000 €. Diese Gelder sind zweckgebunden und dürfen nur für betriebliche Kosten verwendet werden (also Mieten, Löhne und sonstige durch die Selbstständigkeit ausgelösten Kosten). Die gezahlten Beihilfen dürfen demgegenüber nicht verwendet werden für die allgemeinen Lebenshaltungskosten des Selbstständigen. Hierfür ist ausschließlich Grundsicherung gedacht und gegebenenfalls zu beantragen.

Es muss davon ausgegangen werden, dass die zuständigen Behörden nach und nach von den Empfängern der Gelder Verwendungsnachweise verlangen. Es ist daher zu empfehlen, entsprechende Nachweise und Belege aufzubewahren und zusammenzustellen. Eine zweckwidrige Verwendung führt einerseits zur Rückforderung der Beihilfen, kann aber andererseits auch eine strafrechtliche Sanktionierung unter dem Gesichtspunkt des Subventionsbetruges nach sich ziehen. Wir wissen aus parallelen Fällen von Unterstützungszahlungen (zum Beispiel nach Hochwasser-Beihilfen), dass es zu solchen Überprüfungen kommen wird.

Steuerliche Erleichterungen:

Im Zuge der Unterstützungen hat es zahlreiche Erleichterungen im Bereich der Steuerverwaltung gegeben. Hinzuweisen ist auf erleichterte Steuerstundungen, die Rückzahlung von geleisteten Vorauszahlungen (insbesondere bei der Umsatzsteuer für die Sonderzahlung im Februar des Jahres für eine Dauerfristverlängerung), die Herabsetzung von Vorauszahlungen, die Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen und ähnliches.

All diese Maßnahmen stehen unter der Bedingung, dass derjenige, der sie in Anspruch nimmt, in besonderem Maße durch die Corona-Pandemie betroffen ist und sein Betrieb aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Betroffenheit solche Maßnahmen in Anspruch nimmt bzw. genommen hat. Die Finanzverwaltung prüft zwischenzeitlich diese Voraussetzungen und verlangt hierfür Unterlagen und Belege. Dies war in den Maßnahmen auch aufgrund der kurzfristigen Anordnung und der daher noch nicht vorhandenen Verwaltungsanweisungen nicht oder nur eingeschränkt der Fall.

Auch hier muss davon ausgegangen werden, dass weitergehende Überprüfungen erfolgen und Nachweise und Belege noch angefordert werden. Der Steuerpflichtige hat insoweit eine allgemeine Mitwirkungspflicht (§ 90 AO). Sollten die Voraussetzungen für die Steuervorteile nicht vorliegen, könnte dies als strafrechtliche Steuerhinterziehung gewertet werden, da leichtfertig oder vorsätzlich Steuerzahlungen verkürzt wurden (§ 370 AO). Eine Steuerverkürzung kann bereits dann vorliegen, wenn die Steuerzahlung mit einer nicht ganz unerheblichen Verzögerung geleistet wird und diese durch die beantragten Maßnahmen erstrebt war.

Sollten diese Voraussetzungen vorliegen, ist dem Steuerpflichtigen zu empfehlen, im Rahmen einer Selbstanzeige die Dinge zu korrigieren und die Steuervorteile wieder auszugleichen, um zumindest der strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. Im Rahmen des Subventionsbetruges (siehe vorstehender Abschnitt) ist eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht möglich.

 Umsatzsteuersatz:

Schon in einem ersten Vorschlag hatte die Politik beschränkt auf die Gastronomie angekündigt, die Umsatzsteuersätze für Speisen auch bei Verzehr vor Ort in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 nur mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu belegen.

Zwischenzeitlich wurde beschlossen, die Umsatzsteuersätze allgemein herabzusetzen von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 %. Damit ist die Veränderung für die Gastronomie nicht aufgehoben, sondern nochmals begünstigt, indem Speisen bei Verzehr im Lokal nunmehr in der 2. Jahreshälfte nur mit 5 % Umsatzsteuer belegt sind.

Diese Maßnahme ist zum Zeitpunkt dieses Beitrags noch nicht gesetzlich umgesetzt, sondern nur politisch gewollt. Die Feinheiten bleiben daher an einigen Punkten noch offen. Hinsichtlich der zum 1. Januar 2021 entstehenden Erhöhung der Umsatzsteuer kann man sich sicherlich an den Erfahrungen aus 2007, der letzten Umsatzsteuererhöhung, orientieren. Eine Umsatzsteuerabsenkung hat es seit Einführung der Umsatzsteuer in ihrer jetzigen Art (1968) bisher noch nicht gegeben, sodass hier sicherlich eine ganze Reihe von schwierigen und ungeklärten Fragen auftritt.

Unzweifelhaft wird die Umstellung bei den Unternehmen einen hohen Verwaltungsaufwand verursachen und den Beratern viele zusätzliche Aufträge und Rückfragen bescheren, sodass der wirtschaftspolitische Erfolg durchaus infrage gestellt werden kann.

Klar ist, dass es steuerrechtlich nicht auf den Zeitpunkt des Vertrages ankommt, sondern auf den Zeitpunkt der Erbringung der vertraglichen Leistung. Das ist die Lieferung des Gegenstandes, also die Übergabe an den Kunden. Nichts anderes gilt auch für den Bauvertrag für ein schlüsselfertiges Haus, auch wenn die Bauleistung schon 2018 oder 2019 begonnen wurde. Bei Werkleistungen und Dienstleistungen kommt es auf den Zeitpunkt der endgültigen Leistungserbringung an. Dies kann im Einzelfall zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen. Zu beachten ist aber stets, dass die steuerliche Bewertung nicht mit der zivilrechtlichen (vertraglichen) Auswirkung übereinstimmen muss, sodass es auch hier zu vielen Einzelfragen kommen wird. Wenn ich beispielsweise eine neue Wohnzimmercouch bestellt habe und der vereinbarte Preis 1.990 € ist, so bleibt dieser Preis zwischen dem Verkäufer und dem Kunden unverändert, auch wenn die Lieferung im 2. Halbjahr 2020 erfolgt, es sei denn, der Vertrag enthält eine entsprechende Regelung zur Anpassung des Preises bei einer Veränderung des Umsatzsteuersatzes.

Es würde zu weit führen, die Vielzahl der denkbaren und auftretenden Fallkonstellationen hier zu erörtern und zu bewerten. Ich will mich daher darauf beschränken, einige Problempunkte aufzuzeigen. Der eine oder andere kann dann eine Denksportaufgabe daraus machen und sich sein eigenes Ergebnis überlegen:

  • Das neu bestellte Elektrofahrzeug soll eigentlich im November 2020 geliefert werden, die Lieferung verzögert sich aber bis in den Februar 2021.
  • Muss für die Lieferung von Strom, Gas und Wasser eine Zwischenablesung zum Stichtag 1. Juli und 31. Dezember erfolgen, damit der Wasserverbrauch für diesen Zeitraum erfasst ist und mit dem neuen Steuersatz abgerechnet wird?
  • Was ist mit langlaufenden Dauerverträgen, wie beispielsweise der Handyvertrag, der Leasingvertrag oder der Vertrag im Fitnessstudio?
  • Was ist mit Dienstleistungen, die über diesen Zeitraum hinweg dauern, wie beispielsweise ein länger geführter Prozess?
  • Was ist mit Gutscheinen, die vor der Änderung des Steuersatzes ausgestellt und erworben wurden, aber innerhalb dieses Zeitraums eingelöst werden?
  • Was ist mit der Zehnerkarte für die Sauna oder das Schwimmbad?

Wie ist eine Pauschalreise abzurechnen, die über Silvester hinweg geht?

Diese sicherlich nicht abschließende Aufzählung zeigt, wie viele schwierige Fragen zu erörtern, zu klären und dann umzusetzen sind. Die Anbieter von Computerprogrammen haben nicht viel Zeit, um Anpassungen und Änderungen der IT vorzunehmen, auszutesten und umzusetzen. Eine Herausforderung für viele Bereiche.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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