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Das Mobilitätsverhalten hat sich in Zeiten der Corona-Pandemie und den Ausgangsbeschränkungen bzw. Kontaktverboten verändert. Wer in letzter Zeit auf Autobahnen unterwegs war, kann bestätigen, dass diese ungewohnt leer sind.[1] Der Rückgang des Verkehrs auf den Autobahnen soll bei 80 Prozent liegen.[2] Dasselbe gilt für den innerstädtischen Verkehr, selbst zur Rushhour. Der dramatische Rückgang des Straßenverkehrs geht einher mit weniger Unfällen und in der Gesamtzahl auch weniger Geschwindigkeitsüberschreitungen. Bußgeldverfahren sind daher insgesamt rückläufig. Die vergleichsweise leeren Straßen haben aber auch ihre Schattenseiten: Vor allem verleiten die freien Autobahnen zum Rasen, vielerorts kann man derzeit problemlos durchgehend 200 km/h und schneller fahren. Polizeidienststellen berichten, dass einige Verkehrsteilnehmer die freien Straßen nutzen, um mit ihren Fahrzeugen die Maximalgeschwindigkeit zu erreichen. In den Medien wird vermehrt über besonders massive Geschwindigkeitsüberschreitungen von deutlich mehr als 100 km/h berichtet,[3] dies hat nach dem Bußgeldkatalog 3 Monate Fahrverbot und 2 Punkte in Flensburg zur Folge. Die Geldbuße wird im Bußgeldbescheid meist wegen angeblichen Vorsatzes verdoppelt.
Die Gerichte haben bundesweit auf „Notbetrieb“ umgeschaltet. Es werden derzeit in der Regel nur noch Haftsachen, eile Angelegenheiten und laufende Umfangsstrafverfahren verhandelt. Bußgeldverfahren finden dagegen derzeit kaum noch statt. In Bußgeldverfahren sollte verstärkt ein Blick auf die Verjährungsregeln gerichtet werden. Terminiert ein Amtsgerichter nach einem aufgehobenen Termin nicht rechtzeitig erneut und lässt die Akte mehr als sechs Monate unbearbeitet liegen, verjährt das Bußgeldverfahren, § 33 Nr. 1 S. 1 Nr. 11 OWiG. Durch den Aktenstau in Verkehrsbußgeldsachen kann zudem schnell die absolute Verjährungsfrist von 2 Jahren, gerechnet ab dem Datum der Zuwiderhandlung, erreicht werden, vgl. § 33 III 2 OWiG. Das Verfahren müsste dann eingestellt werden.
Gerade zu Zeiten der Corona-Krise sind viele Berufsgruppen mehr als zuvor auf ihren Führerschein existenziell angewiesen, so dass beantragt werden kann, von dem Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße abzusehen. Das Fahrverbot darf schließlich nicht zu einer übermäßigen Härte, etwa zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Da das Virus bekanntermaßen insbesondere für den älteren Teil der Bevölkerung besonders gefährlich ist, kann das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots gerechtfertigt sein im Falle der Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit naher Angehöriger.[4] So kann etwa argumentiert werden, dass der Betroffene eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens seinen vorerkrankten Vater, der in Zeiten der Corona Pandemie soziale Kontakte meidet, mit Einkäufen versorgt und zu Ärzten fährt und hierzu dringend die Fahrerlaubnis benötigt.
Fussnoten:
[1] www.sueddeutsche.de v. 26. 3. 2020, („Verkehr und Corona: Freie Fahrt“); www.presse.adac.de v. 24.3.20, („Coronakrise sorgt für massiven Stau-Rückgang“).
[2] www.wuppertaler-rundschau.de v. 7.4.20 („Corona-Pandemie: Bis zu 80 Prozent weniger Verkehr auf den Autobahnen“).
[3] www.ndr.de v. 25.3.20 („Weniger Verkehr wegen Corona: Polizei stoppt Raser“)
[4] OLG Hamm NZV 2006, 664; Fromm, Verteidigung in Straßenverkehrs-OWi-Verfahren, 2. Aufl., 2014, 228.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.