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Dienstag, 13.09.2005

Die Bauabzugssteuer - eine Falle für Bauherrn



von
Prof. Dr. jur. Wolfgang Weller
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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Der Gesetzgeber hat am 30. August 2001 das „Gesetz zur Eindämmung illegaler Beschäftigung im Baugewerbe“ mit Wirkung ab dem 01.01.02 verabschiedet. Mit diesem Gesetz wurden im Einkommenssteuergesetz die §§ 48-48d eingefügt. Hier wird die Verpflichtung des Auftraggebers einer Bauleistung begründet, 15 % der Bruttoauftragssumme einer Bauleistung an das Finanzamt abzuführen und nur die restlichen 85 % an den Auftragnehmer auszuzahlen. Die Zahlung an das Finanzamt wird auf die Steuerschuld des Unternehmers angerechnet.

Die Auswirkungen dieses Gesetzes werden von der Vielzahl der Betroffenen nicht gesehen oder unterschätzt.

Ein alltäglicher Fall: Ein Inhaber eines Einzelhandelsbetriebes will sein Ladenlokal optisch aufwerten. Er beauftragt ein Malerunternehmen mit der Fassadenreinigung und einem Neuanstrich von Putz, Fenstern und Türen. Vereinbart wird ein Pauschalpreis von 10.000,-- € einschließlich Umsatzsteuer. Die Arbeitern werden ausgeführt, bezahlt ..... und sechs Monate später verlangt das Finanzamt von Auftraggeber eine weitere Zahlung von € 1304, 35. Zu Recht ?

Die Problematik der neuen Regelungen liegt in der Gefahr doppelter Inanspruchnahme: Wird der Werklohn in voller Höhe an den Bauunternehmer ausgezahlt, so kann das Finanzamt gleichwohl vom Auftraggeber die Zahlung der Bauabzugssteuer verlangen. Der Einzelhändler aus dem Eingangsbeispiel muss daher tatsächlich nochmals zahlen und ist auf den aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen steinigen Weg der Rückforderung gegenüber dem Bauunternehmer angewiesen. Jeder Auftraggeber von Bauleistungen sollte daher den Anwendungsbereich der Bauabzugssteuer kennen, um wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden.

Die Regelung verpflichtet alle Unternehmer und Körperschaften des öffentlichen Rechts. Der Unternehmerbegriff wird im Sinne von § 2 UStG weit ausgelegt. Unternehmer ist jeder, der eine Immobilie nicht lediglich zu privaten Zwecken nutzt. Betroffen ist also der Inhaber des Ladenlokales ebenso wie der freiberufliche tätige Steuerberater oder Arzt. Betroffen ist aber auch der Beamte oder Angestellte, der Eigentümer eines Mietshauses ist. Wenn also Bauleistungen nicht ausschließlich das private Einfamilienhaus betreffen, ist Vorsicht geboten.

Auch Bauleistung wird umfassend im Sinne der §§ 1 und 2 BaubetriebeVO verstanden. Nicht nur Errichtungs- oder Sanierungsarbeiten, sondern auch alle Nebenarbeiten wie die eingangs beschriebenen Malerarbeiten und sogar Fassadenreinigungsarbeiten verpflichten zum Steuerabzug.

Das Gesetz gilt zwar erst ab dem 01.01.2002, erfasst aber alle Verträge, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig abgewickelt waren. Wurde der Vertrag im Jahre 1999 abgeschlossen und sind die Arbeiten im Jahr 2000 erledigt worden, wird die Zahlung aber wegen einer Auseinandersetzung um die Rechnungshöhe erst im Jahre 2002 vorgenommen, so ist die Bauabzugssteuer abzuführen.

Es gibt jedoch einige wichtige Ausnahmen von der Verpflichtung zum Steuerabzug:

Praktisch bedeutsam ist die sog. Freistellungsbescheinigung. In dieser Bescheinigung bestätigt das zuständige Finanzamt dem Bauunternehmer, dass er den Werklohn in voller Höhe einziehen darf und der Steuerabzug unterbleiben kann. Die Bescheinigung wird entweder für den Einzelfall oder für einen bestimmten Zeitraum erteilt, wobei die Gültigkeit dieser Bescheinigung via Internet bei Bundesfinanzministerium (http://lxzopex1.bfinv.de/eibe/) überprüft werden kann.

Darüber hinaus gibt es sog. Bagatellgrenzen. Das Gesetz ist erst anwendbar, wenn der Auftragswert gegenüber einem Bauunternehmer im Kalenderjahr € 5000,-- übersteigt. Werden Leistungen von privaten Vermietern in Auftrag gegeben, sind Auftragsvolumina von € 15.000,-- pro Jahr abzugsfrei. Die jeweiligen Auftraggeber kommen jedoch bei Folgeaufträgen im gleichen Jahr in Schwierigkeiten, so dass sie sich in jedem Fall die Freistellungsbescheinigung vorlegen lassen sollten.

Die gesetzliche Neuregelung ist nicht nur wichtig für den Bauherrn selbst, sondern muss zur Vermeidung eigener Haftung selbstverständlich auch von für den Bauherrn im Rahmen der Abrechnung von Bauleistungen tätigen Dienstleistern wie Architekten, Projektsteueren, Hausverwaltern oder Rechtsanwälten gesehen und beachtet werden.

Die Regelung ist nicht nur zu beachten bei der Zahlung selbst, sondern auch bei der Zahlung gleichstehenden Rechtshandlungen wie der Aufrechnung oder Verrechnung. Gerichtliche Entscheidungen hierzu liegen noch nicht vor, nach Meinung der Finanzbehörden muss selbst bei vollständiger Aufrechnungsmöglichkeit die 15%ige Quellensteuer an das Finanzamt abgeführt werden.

Um zusätzlichem Verwaltungsaufwand und allen Risiken aus dem Wege zu gehen, kann die Empfehlung an alle Auftraggeber nur lauten, sich vom Unternehmer die Freistellungsbescheinigung mit dem Angebot, spätestens aber mit der Rechnung zusenden zu lassen.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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