Rechtsanwalt Dr. jur. Dirk Lindloff, Rechtsberater in Koblenz
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Donnerstag, 07.01.2016

Neue Informationspflichten zur Alternativen Streitbeilegung für Online-Shops ab 09.01.2016



von
Dr. jur. Dirk Lindloff
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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Maximilian Brenner, LL.M. (Informationsrecht)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
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Ausgangslage

Die EU möchte ein System Alternativer Streitbeilegung (AS) in der EU für Online-Käufe und Online abgeschlossene Dienstleistungsverträge implementieren. Dies soll den Waren- und Dienstleistungsverkehr weiter fördern, da aus Sicht der EU der Zugang zu Gerichten in manchen Ländern bzw. grenzüberschreitend zu schwer oder zu langwierig ist.

Um den Verbrauchern die AS noch einfacher zu machen, sollte eigentlich schon längst ein entsprechendes EU-Portal zur Online-Streitbeilegung (OS, engl. ODR für Online Dispute Resolution) gestartet sein, dessen Aufgabe es ist, für den Verbraucher kostenlos eine einzige Stelle zu bilden, an die sich der Verbraucher bei Problemen wenden kann, wenn er eine AS wünscht. Dieses Portal soll zB. die richtige AS-Stelle heraussuchen und auch Übersetzungsleistungen bieten.

Ab 09.01.2016

Mit dem 09.01.2016 tritt nun die EU-VO Nr. 524/2013 (sog. ODR-Verordnung) in Kraft, obwohl das Portal nicht fertiggestellt ist. Da eine EU-Verordnung unmittelbar anwendbares Recht ist, gilt auch die entsprechende Informationspflicht für Online-Angebote ab dem 09.01.2016. Hiervon muss man vorsorglich ausgehen, auch wenn das Portal nicht existiert.

Anwendungsbereich

Dabei muss man beachten, dass die EU-VO nicht nur für den zwischenstaatlichen Handel gilt. Vielmehr kann die AS auch zur Anwendung kommen, wenn Verbraucher und Unternehmen im gleichen Land sitzen. Keine Relevanz hat die Verordnung für Geschäfte zwischen Unternehmern, die allein dem unternehmerischen Verkehr zuzuordnen sind.

Kein Teilnahmezwang

Zunächst ist es sicherlich wichtig zu wissen, dass es keinen Zwang für das Unternehmen gibt, sich an einem AS-System zu beteiligen.

Was sind Stellen Alternativer Streitbeilegung?

Mit Stand 07.01.2016 dürften die Streitbeilegungsmöglichkeiten bei Shopzertifizierungssysteme sowie über die Kundendienste von Amazon (bei Marketplaceverkäufern), eBay u & Co keine AS-Stelle im Sinne der Richtlinie/VO sein.

Dies hat seinen Grund in der Definition einer AS-Stelle. Diese geht davon aus, dass eine AS-Stelle gewisse Anforderungen erfüllen muss und in eine Liste gemäß Art. 20 Abs. 2 der RL einzutragen ist.

Das deutsche Umsetzungsgesetz sieht eine Zulassungspflicht vor und für entsprechende Anträge ist eine Rechtsverordnung geplant, die aber am heutigen Tage noch beim Rechtsausschuss des Bundestages liegt.

Anbieter sollten aber insgesamt mindestens in Zukunft darauf achten, ob ihnen ihr Zertifikateanbieter oder der Betreiber der Verkaufsplattform mitteilt, als AS-Stelle anerkannt worden zu sein. Dann könnte eine vertraglich Verpflichtung bestehen, dieses AS-System den Kunden dann auch anzubieten.

Zum heutigen Tag gehen wir jedenfalls davon aus, dass noch keine AS-Stellen im Sinne der RL/VO existieren.

Informationspflichten im Detail

Ob ein Shop an einem AS-System teilnimmt, macht einen Unterschied bei den Informationspflichten. Diese kann man wie folgt systematisieren:

  • Wenn man sich an keinem AS-System beteiligt, muss man lediglich auf der Webseite einen Link zu dieser OS-Plattform bereit halten. Es gibt keine Pflicht gleichzeitig zu erklären, dass man sich an dem System nicht beteiligt.
  • Wenn man sich allerdings einem AS-System unterworfen hat, muss man zusätzlich zum Link über diese Tatsache informieren einschließlich der Möglichkeit diese als Streitbeilegungsplattform zu nutzen und diese Information dann (wohl zusätzlich) in die AGB aufnehmen.
  • Interessant ist, dass in beiden Alternativen die VO betont, der Unternehmer müsse eine E-Mail-Adresse angeben. Dies wird man wohl so verstehen müssen, dass beide Angaben in einem Zusammenhang zu machen sind und dient wohl letztlich dazu, dass die OS-Plattform mit dem Unternehmer Kontakt aufnehmen kann.

Aktuell stellt sich natürlich die Problematik, dass die OS-Plattform wohl nicht termingerecht starten wird. Es wird daher im Internet verschiedentlich empfohlen, ab dem 09.01.2016 auf den fehlenden Start der Plattform hinzuweisen.

Wir haben uns aber gefragt, ob man nicht heute schon eine Formulierung finden kann, damit die Webseitenbetreiber beim Start der Plattform nicht noch einmal eine Änderung vornehmen müssen.

Nach aktuellem Stand, der nach unserer Ansicht der Rechtslage entspricht, auch wenn die Erfahrung zeigt, dass die Gericht teilweise mit der Zeit etwas anderes in solche Verordnungen lesen als man zunächst annehmen möchten, scheinen uns die beiden nachfolgenden Formulierungen eine gute Ausgangsbasis für Online-Shops und -Dienstleistungsangebote zu sein. Wir möchten noch einmal betonen, dass beide Varianten davon ausgehen, dass für das Online-Angebot keine AS-Stelle eingeschaltet werden kann.

1. Variante

Man nimmt die neue Pflichtinformation auf eine Unterseite mit Kundendienstinformationen, Gewährleistungsinformationen o.ä. (wobei bereits umstritten ist, ob das Impressum ein geeigneter Ort ist) auf oder führt eine von allen Ihren Seiten verlinkte neue Unterseite ein, die zB. lauten könnte „Beschwerden/Streitbeilegung“:

"Wir beteiligen uns nicht an einem System zur Alternativen Streitschlichtung im Sinne der EU-VO Nr. 524/2013, gerne können Sie sich aber unseren Kundenservice wenden. Sie erreichen uns zum Beispiel in allen Angelegenheiten unter xyz@xyz.de. Den gleichwohl vorgeschriebenen Link zur Plattform der EU zur Online-Streitschlichtung (Verfügbarkeit liegt in der Verantwortung der EU) erreichen Sie hier."

Das Wort "hier" wird dann verlinkt auf http://ec.europa.eu/consumers/odr/

2.Variante

Man nutzt die AGB, um die neuen Pflichtinformationen zu transportieren.

㤠XY Beschwerden/Streitbeilegung

1.       Bei Beschwerden können Sie sich gerne an unseren Kundenservice xyz@xyz.de wenden. Wir beteiligen uns nicht an einem System zur Alternativen Streitschlichtung im Sinne der EU-VO Nr. 524/2013.

2.       Gemäß Art 14 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013  haben Unternehmen, die Online-Verträge  über Waren oder Dienstleistungen eingehen, ihren Kunden bei verbraucherrechtlichen Streitigkeiten die Online-Streitbeilegung zu ermöglichen.  Die Plattform der EU zur Online-Streitschlichtung (Verfügbarkeit liegt in der Verantwortung der EU) erreichen Sie hier.“

Das Wort "hier" ist dann wieder verlinkt auf http://ec.europa.eu/consumers/odr/

Abmahnrisiko

Dass die Verletzung der Pflichten ab dem 09.01.2016 bereits ein Grund zu Abmahnungen ist, hat sich inzwischen bestätigt. Zwar regelt die EU-VO, dass die Frage der Verfolgung von Verstößen nationalem Recht überlassen bleibt, was nach weiterem Umsetzungsbedarf klingt. Gewohnheitsmäßig fasst man im deutschen Recht aber derartige Themen der Informationspflichten aus EU-Normen bei den Gerichten gerne und manchmal vorschnell als Wettbewerbsverstoß auf.

Dementsprechend hat das OLG München, Urteil v. 22.9.2016, 29 U 2498/169 bereits entschieden, dass die Verpflichtung zur Bereitstellung eines Links auf die Plattform eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG ist, die dem Interesse auch anderer Marktteilnehmer dient. Der Verstoß gegen die Verlinkung ist daher abmahnfähig. 

Zudem wurde in einem Urteil des OLG Koblenz, Urteil vom 25.01.2017 - 9 W 426/16, ausgeurteilt, dass diese Pflicht auch für eBay-Händler  gilt und damit nicht nur für Unternehmen, die einen Online-Shop unter einer eigenen Domain betreiben.    

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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