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Die schreckliche Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen betrifft schätzungsweise mehr als 40.000 Menschen. Für die Betroffenen stellen sich nicht nur diverse versicherungsrechtliche, sondern auch arbeitsrechtliche Fragestellungen. Der nachfolgende Beitrag soll Antworten auf die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragestellungen liefern.
Viele Betroffene stellen sich die Frage, ob diese wegen des Hochwassers berechtigt sind, der Arbeit fernzubleiben. Hier gilt es zu differenzieren.
Wer selbst persönlich vom Hochwasser betroffen ist (also z.B. das eigene Haus vollgelaufen ist, sodass Aufräumarbeiten anstehen), darf der Arbeit gemäß § 616 BGB für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit fernbleiben, ohne hierdurch seinen Anspruch auf Vergütung zu verlieren. Welcher Zeitraum als „verhältnismäßig nicht erheblich“ anzusehen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Ein Zeitraum von bis zu 5 Tagen wird aber mit Sicherheit als verhältnismäßig nicht erheblich anzusehen sein, wenn dieser Zeitraum notwendig ist, um die Hochwasserfolgen zu beseitigen. Allerdings sollten die Betroffen zuvor prüfen, ob die Regelung des § 616 BGB, aus der der Freistellungsanspruch in dieser Konstellation folgt, nicht ausgeschlossen ist. Die Vorschrift kann nämlich durch Arbeits- oder Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarung ausgeschlossen werden.
Arbeitnehmer, die selbst nicht persönlich vom Hochwasser betroffen sind, aber wegen des Hochwassers die Arbeitsstelle nicht erreichen können, haben dem Grunde nach keinen Anspruch darauf, der Arbeit gegen Fortzahlung der Vergütung fernzubleiben. Für derartige Fälle ist § 616 BGB nicht einschlägig, da sich hier das sog. Wegerisiko realisiert, das der Arbeitnehmer trägt.
Ist dagegen der Betrieb betroffen (weil z.B. das Hochwasser die Betriebseinrichtungen beschädigt oder zerstört hat) und kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer deswegen nicht beschäftigen, realisiert sich das sog. Betriebsrisiko, das der Arbeitgeber zu tragen hat. Wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß anbietet, der Arbeitgeber diese wegen Hochwasserschäden aber nicht annehmen kann, muss der Arbeitgeber die Vergütung gemäß § 615 BGB weiterzahlen.
Arbeitgeber ist in diesen Fällen anzuraten, Kurzarbeit zu beantragen. Ist der Betrieb unmittelbar vom Hochwasser betroffen, dürfte ein auf einem unabwendbarem Ereignis nicht vermeidbarer Arbeitsausfall im Sinne des § 96 SGB III vorliegen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch Unglückfälle und Naturkatastrophen zu den unabwendbaren Ereignissen in diesem Sinne gehören.
Arbeitnehmer, die als ehrenamtliche Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) zum Einsatz im Katastrophengebiet herangezogen werden, haben gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 THWG einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit. Die Regelung im THWG sieht für diesen Freistellungsanspruch keine Abwägung mit betrieblichen Interessen vor, sodass der Arbeitgeber die Freistellung nicht unter Hinweis auf betriebliche Gründe verweigern darf. Der Arbeitgeber muss für die Dauer der Freistellung das Arbeitsentgelt weitergewähren. Bei einem Ausfall von mehr als zwei Stunden am Tag oder von mehr als sieben Stunden innerhalb von zwei Wochen ist privaten Arbeitgebern das weitergewährte Arbeitsentgelt einschließlich ihrer Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit, sowie zur betrieblichen Altersversorgung für die gesamte Ausfallzeit zu erstatten, wenn der private Arbeitgeber dies beantragt (§ 3 Abs. 2 THWG).
Ähnliche Freistellungsregeln finden sich für Arbeitnehmer, die bei der Freiwilligen Feuerwehr tätig sind. Hier sehen die Brandschutzgesetze der einzelnen Bundesländer jeweils Freistellungsregelungen vor, die inhaltlich sehr ähnlich ausgestaltet sind. So regelt z.B. § 13 Abs. 2 Satz 2 Brand- und Katastrophenschutzgesetz Rheinland-Pfalz einen Anspruch auf Freistellung für ehrenamtliche Feuerwehrangehörige während der Dauer der Teilnahme an Einsätzen, Übungen, Lehrgängen oder sonstigen Veranstaltungen der Feuerwehr auf Anforderung der Gemeinde. Auch hier muss der Arbeitgeber die Vergütung weiterzahlen, wobei private Arbeitgeber die weitergezahlte Vergütung auf Antrag durch die Gemeinde ersetzt bekommen (§ 13 Abs. 2 Brand- und Katastrophenschutzgesetz Rheinland-Pfalz).
Über § 18 Brand- und Katastrophenschutzgesetz Rheinland-Pfalz gelten diese Regelungen dann auch für Helferinnen und Helfer anderer Hilfsorganisationen (z.B. Arbeiter-Samariter-Bund e. V., die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V., das Deutsche Rote Kreuz e. V., die Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., den Malteser-Hilfsdienst e. V.).
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.