Rechtsanwalt Prof. Dr.  Hans Rudolf  Sangenstedt, Rechtsberater in Bonn
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Freitag, 06.11.2009

Wann verjähren Honoraransprüche?



von
Prof. Dr. Hans Rudolf Sangenstedt
Rechtsanwalt

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  1. Seit dem 01.01.2002 gilt ein allgemeiner Verjährungszeitraum. Fällige Ansprüche verjähren in 3 Jahren, das Jahr, in dem die Fälligkeit eingetreten ist, wird hierbei nicht mitgerechnet.
  2.  Soweit Ansprüche nach HOAI abzurechnen sind, tritt der Fälligkeitszeitpunkt nach § 8 HOAI a. F., jetzt § 15 HOAI n. F. erst ab Erteilung einer prüffähigen Schluss- oder Abschlagsrechnung ein. Der Ingenieur kann also den Fälligkeitszeitpunkt selbst steuern.
  3.  Ist die Rechnung nicht prüffähig, wird die Prüffähigkeit fingiert mit dem Ablauf von 2 Monaten, spätestens ab diesem gilt die Rechnung als prüffähig.
  4.  Honoraransprüche, die nicht nach HOAI abzurechnen sind, werden bereits fällig mit Erbringung der vollständigen Leistung, zu der der Ingenieur sich verpflichtet hat, ohne dass er eine Abrechnung erstellt hat. Er hat also den Fälligkeitszeitpunkt nicht selbst in der Hand.
  5. Abrechnungen, die auf ein altes Vertragsverhältnis zurückgehen, welches vor dem 01. Januar 2002 abgeschlossen sind, fallen nicht unter die jetzt allgemeinen Verjährungsvorschriften von 3 Jahren, sondern verjähren in 2 Jahren unter Kaufleuten, also auch Kapitalgesellschaften in 4 Jahren, wieder das Jahr der Rechnungsstellung nicht mitgerechnet.

Sylvester ist Schluss
 
Die HOAI hat, genau wie die VOB/B, eine Bestimmung, wonach der auftragnehmende Ingenieur es in der Hand hat, den Fälligkeitszeitpunkt seiner Abrechnung zu bestimmen. Für Ansprüche, die nach der HOAI abzurechnen sind, gilt, soweit ein Vertragsverhältnis vorliegt, auf welches die alte HOAI anzuwenden ist, was jetzt noch der Regelfall sein dürfte über § 8 HOAI a. F., dass ein Honoraranspruch, gleichgültig, ob ihm eine Schlussrechnung oder eine Abschlagsrechnung zu Grunde liegt, erst fällig wird, wenn die vertraglich vereinbarte Ingenieurleistung erbracht ist und eine prüffähige Rechnung übergeben worden ist. Das Gleiche regelt jetzt § 15 HOAI n. F. Solange also keine Rechnung vorliegt, läuft die Verjährungsuhr nicht. Der Ingenieur hat es vollständig selber in der Hand, durch Rechnungsstellung nach Leistungserbringung seine Honoraransprüche fällig zu stellen. Eine ähnliche Regelung beinhaltet §§ 14, 16 VOB/B. Auch dort ist es Sache des Auftragnehmers, durch Stellung einer prüfbaren Rechnung die Fälligkeit seines Werklohnanspruchs auszulösen. Nach § 16 Nr. 3 VOB/B wird der Schlussrechnungsbetrag fällig spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Zugang der Rechnung. Die VOB/B-Schlussrechnung ist also noch an eine weitere Frist gebunden, um den Beginnzeitpunkt der Verjährung zu berechnen. Dort müssen nach Vorliegen der Schlussrechnung beim Auftraggeber noch 2 Monate verstreichen, ehe die Fälligkeit eintritt. Anders bei den Rechnungen der Ingenieure und Architekten nach HOAI. Dort tritt die Fälligkeit ein mit Überreichung einer Rechnung, die prüffähig ist, sofort. Ist die Rechnung nicht prüffähig, weil z. B. nicht in Übereinstimmung mit der HOAI oder dem Vertragsverhältnis stehend, tritt der Fälligkeitszeitpunkt zunächst nicht ein. Allerdings wird nach dem Ablauf von 2 Monaten auch bei einer nicht prüffähigen HOAI-Abrechnung die Prüffähigkeit fingiert mit der weiteren Konsequenz, dass dann ab diesem Zeitpunkt erst die Verjährung zu laufen beginnt.
Hierauf abzustellen ist aber risikoreich, denn dies setzt voraus, dass zwar abgerechnet worden ist, die Abrechnung aber mangels Prüffähigkeit nicht fällig geworden ist und erst nach Ablauf von 2 Monaten als fällig gilt. Wird also mit einer Frist von weniger als 2 Monaten bis zum 31.12. eines Jahres eine HOAI-Rechnung gestellt, kann diese fällig oder nicht fällig sein im alten Jahr oder erst im Folgejahr.
 
Noch schwieriger wird der Fall, wenn der Rechnungsempfänger die HOAI-Rechnung als nicht prüffähig rügt, sie aber tatsächlich prüffähig ist. 
 
In allen diesen Fällen ist also zuerst einmal zu entscheiden, ist die Rechnung prüffähig oder nicht prüffähig mit der Konsequenz, dass von dieser Feststellung der Beginn des Laufes des Verjährungszeitraums abhängig ist.
 
Ist dieser Zeitpunkt festgestellt, läuft die Verjährungsuhr 3 Jahre und zwar beginnend mit dem Jahr, was dem Jahr, in dem die Fälligkeit eingetreten ist, folgt. 
 
Beispiel: Fällige Rechnung gestellt und zugegangen April 2006. Verjährungseintritt 31.12.2009.
 
Eine Hemmung der Verjährung tritt gegenüber einem weit verbreiteten Irrtum nicht dadurch ein, dass gemahnt wird. Die Hemmung der Verjährung tritt ein entweder, indem die Beteiligten über den Ausgleich der Rechnung verhandeln, wobei ein wechselseitiges echtes Verhandeln vorliegen muss. Das bloße Ansinnen, darüber zu verhandeln, ob die Verjährung hinausgeschoben werden könnte, reicht nicht. Beide Parteien müssen erkennbar bemüht sein, den Verjährungseintritt zu verhindern. Der Zeitraum dieser Verhandlung wird dem gesetzlichen Zeitraum angehängt. Nach ergebnislosem Ablauf der Verhandlung ist die Verjährung weiter noch 3 Monate gehemmt. Dann beginnt die Restzeit aus der alten Verjährung zu laufen.
 
Beispiel: Rechnungsstellung 30.06.2006, Regelablauf der Verjährung 31.12.2009. Im Dezember 2009, 10 Tage vor dem 31.12.2009, verhandeln die Parteien darüber, ob auf die Einrede der Verjährung verzichtet werden soll. Der Rechnungsempfänger will sich das noch überlegen, lehnt dies aber nach einer Überlegungsfrist von 2 Wochen ab. Die Konsequenz ist, dass diese beiden Wochen zuzüglich 3 Monate an die ursprünglich laufende Verjährungsfrist angehängt wird zuzügl. der Restlaufzeit aus der alten Verjährungsfrist, mithin wie folgt: 
 
31.12.2009 Regelverjährung, zuzügl. 2 Wochen Verhandlungszeit 14.01.2010 zuzügl,. 3 Monate 14.04.2010, zuzügl. Restlaufzeit der Verjährung noch aus dem Dezember 10 Tage 24.04.2010. 
 
Eine weitere Möglichkeit, eine Verjährung in die Hemmung zu bringen, besteht durch gerichtliche Geltendmachung, entweder über Mahnbescheid oder Klage. Hierbei reicht es, wenn der Mahnbescheid oder die Klage noch vor Ablauf des 31.12.2009 bei Gericht eingereicht wird. Ab Anhängigkeit eines Anspruchs ist die Verjährung gehemmt, allerdings muss der Anspruchsteller dann ab entsprechender Aufforderung durch das Gericht umgehend die Gerichtskosten einzahlen, damit der geltend gemachte Anspruch auch dem Anspruchsgegner zugestellt wird. Wenn diese Zustellung erst im neuen Jahr, also 2010, geschieht, wird fingiert, der Anspruch wäre bereits vor dem 31.12.2009 geltend gemacht worden durch Rechtshängigkeit. 
 
Generell kann bei einem positiven Ausgang der Verhandlung über einen Verjährungsverzicht auch vertraglich vereinbart werden, dass auf die Einrede der Verjährung bis auf Weiteres verzichtet wird. Diese Erklärung wird meistens mit einer weiteren Erklärung verbunden, indem vereinbart wird:
 
Ich verzichte bis auf Weiteres auf die Einrede der Verjährung, soweit letztere nicht bereits eingetreten ist.
 
Liegt eine derartige Vereinbarung vor, kann sich der Rechnungsempfänger nicht mehr darauf berufen, der Anspruch, der in der Rechnung abgerechnet wird, sei verjährt. Geschieht ab der Erklärung, auf die Einrede der Verjährung verzichten zu wollen, nichts, verjährt diese Erklärung nun auch wieder in 3 Jahren, das Jahr der Erklärung zugerechnet.
 
Da diese Erklärung aber nur einseitig bindend ist, kann sie widerrufen werden, da nur bis auf Weiteres auf die Einrede der Verjährung verzichtet worden ist. Der Widerruf hat zur Konsequenz, dass der bis dahin laufende Verzicht wie eine Hemmung behandelt wird.
Ab Widerruf hat der Ingenieur 3 Monate zuzügl. Restlaufzeit aus der alten Verjährungszeit noch die Möglichkeit, seine Ansprüche geltend zu machen, sonst sind diese endgültig verjährt.
 
Verjährungsfragen sind knifflige Fragen. Es ist dringlich angezeigt, sich sachkundigen Rat einzuholen, soweit zu befürchten steht, Ansprüche gehen in die Verjährung.
 
Noch schwieriger wird die Sache, wenn Ansprüche abgerechnet werden, die nicht unter die HOAI fallen. Diese Ansprüche werden nämlich fällig ohne Rechnungsstellung mit vollständiger Leistungserbringung. Da Architekten- und Ingenieurleistungen nicht unter die Bestimmungen der VOB/B fallen, können sie auch die Privilegierung der VOB/B nicht für sich in Anspruch nehmen und sich darauf zurückziehen, schließlich habe man noch keine Rechnung gestellt. Wird also eine Ingenieurleistung erbracht im Jahre 2006, die nicht nach HOAI abrechnungsfähig ist, parallel hierzu wird aber keine Rechnung gestellt, verjährt der Vergütungsanspruch zum 31.12.2009.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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