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Oftmals stellt der Steuerpflichtige eine Grundsteuererhöhung fest. Grundlage dafür ist häufig ein Stadtratsbeschluss zur „Haushaltskonsolidierung“. Am aktuellen Beispiel der Stadt Neuwied sollte jeder Steuerpflichtige den jeweiligen Bescheid hinterfragen. Was ist passiert?
Der Stadtrat der Stadt Neuwied hat im Oktober 2020 für das Haushaltjahr 2021 eine Erhöhung der Grundsteuer B auf 610 % des Steuermessbetrages festgesetzt. Die entsprechenden Steuerbescheide wurden verschickt. Der Aufschrei der steuerpflichtigen Grundstückseigentümer in den sozialen Netzwerken ist enorm, da die Steuerhöhung dem Vernehmen nach beinahe 50 % beträgt. Aber wie sind denn die wesentlichen Grundzüge der Steuererhebung im kommunalen Bereich? Wie ist eine solche Erhöhung zu bewerten?
Aus den politischen Statements zur Steuererhöhung war zu entnehmen, dass diese Erhöhung der Haushaltskonsolidierung dienen soll. Dass dies ein legitimer Zweck ist, steht außer Zweifel. § 93 Abs. 4 der Gemeindeordnung (GemO) Rheinland-Pfalz legt fest, dass der Haushalt in jedem Haushaltsjahr in Planung und Rechnung auszugleichen ist. Einfach ausgedrückt: Einnahmen und Ausgaben sind einem Gleichgewicht zu halten. Ergänzend dazu bestimmt § 93 Abs. 6 S. 1 GemO, dass die Gemeinde sich nicht überschulden darf. So weit so gut.
Den Städten und Gemeinden stehen nach der GemO verschiedene Einnahmemöglichkeiten zur Verfügung, wie z.B. Beiträge, Gebühren, sonstige Entgelte und Steuern. Die GemO geht allerdings bei der Erzielung gemeindlicher Abgaben weiter und legt fest in welcher Reihenfolge diese zu beschaffen sind. Die Gemeinde hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Erträge und Einzahlungen soweit vertretbar und geboten aus Entgelten für ihre Leistungen und im Übrigen aus Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Erträge und Einzahlungen nicht ausreichen. Das Gesetz bestimmt damit eine Nachrangigkeit für die Einnahmeerzielung aus Steuern. Umgekehrt ausgedrückt, darf die Kommune nur dann Steuern erheben oder Steuern erhöhen, wenn alle anderen Einnahmequellen ausgeschöpft sind und die Ausgaben die erzielbaren Einnahmen überschreiten.
Diese sog. Hierarchie der Einnahmebeschaffungsmöglichkeiten haben Verwaltungsgerichte bereits zum Anlass genommen, um Grundsteuererhöhungen für unzulässig zu erklären. Es geht bei Grundsteuerhöhungen daher oftmals mehr um die Frage, ob überhaupt eine Erhöhung zulässig ist, als um die tatsächliche Steuererhöhung, da hier den kommunalen Gebietskörperschaften ein weiter Ermessenspielraum durch die Rechtsprechung zugebilligt wurde. Die Hierarchie für die Erzielung gemeindlicher Einnahmen wird in der Praxis der Kommunalverwaltungen oftmals nicht genau genug umgesetzt und führt in der jüngsten Vergangenheit im gesamten Bundesgebiet zu vielfältigen Auseinandersetzungen. Hier lohnt die eingehende Prüfung solcher Grundsteuererhöhungen.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.