Die Fracht ist oft auch ohne Originalpapiere zu zahlen
Ein Beitrag von
Rechtsanwalt Dr. jur. Gerhard Wolter
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OLG: Nur in Ausnahmefällen
entfällt der Anspruch der
Unterfrachtführer*
Nach Sendungsübergabe steht dem
Unterfrachtführer die Fracht meistens auch
dann zu, wenn er keine
Original-Frachtunterlagen vorlegen kann. Das
hat das Oberlandesgericht Celle entschieden
(Aktenzeichen 11 U 280/05). Damit wird
bisherigen Praktiken der
Zahlungsverweigerung ein Riegel vorgeschoben
und die rechtliche Stellung der
Unterfrachtführer gestärkt.
Ein alltäglicher Fall: Ein Absender
beauftragt ein Transportunternehmen mit der
Durchführung einer Beförderung. Das
Transportunternehmen führt den Auftrag nicht
selbst durch, sondern beauftragt einen
Unterfrachtführer. Dieser übergibt dem
Empfänger die Sendung unversehrt. Der
Frachtführer erhält vom Unterfrachtführer
die Rechnung, zahlt aber nicht. Seine
Begründung: Er habe bisher die
Original-Frachtunterlagen noch nicht
erhalten. Erst dann werde die Fracht fällig.
Daraufhin liest der Unterfrachtführer das
Kleingedruckte am Fuße des Auftrags-
beziehungsweise Bestätigungsschreibens durch
und entdeckt eine Klausel, die
folgendermaßen lauten könnte: „Zahlungsziel:
45 Tage nach Erhalt der Rechnung nebst
vollständigen Frachtunterlagen im Original
(Frachtbrief, Lieferschein, Palettenschein,
etc.).“
Der Unterfrachtführer hat aber oft die
erforderlichen Unterlagen entgegen der
Aussagen des Frachtführers, an diesen
übermittelt, kann das jedoch nicht beweisen.
Oder er kann aus anderen Gründen nur noch
Kopien vorlegen. Nicht selten kommt der
Frachtführer mit seinem Einwand durch und um
die Zahlung herum.
Klausel nicht zu beanstanden. Eine
Klauseln, nach der die Fälligkeit erst nach
Übergabe der Original-Frachtunterlagen
eintreten soll, ist aus Sicht des Gesetzes
nicht zu beanstanden. Denn Paragraf 449
Handelsgesetzbuch (HGB), wonach bestimmte
Vorschriften des Frachtrechts entweder
überhaupt nicht oder nur unter engen
Voraussetzungen abbedungen werden können,
greift hier nicht. Es stellt sich jedoch die
Fragen, wie der Unterfrachtführer die
Vergütung für seine ordnungsgemäß und
belegbar erbrachte Leistung trotz einer
solchen Klausel durchsetzen kann.
Zunächst ist zu ermitteln, ob die Klausel
überhaupt Vertragsbestandteil geworden ist,
da sie ansonsten keine Wirkung hat. Dabei
kommt der Auftragsbestätigung, die dem
mündlichen Vertragsschluss regelmäßig per
Fax folgt, eine wichtige Bedeutung zu: Geht
einer Vertragspartei ein
Bestätigungsschreiben zu, welches einen im
Vorfeld formlos abgeschlossenen Vertrag
schriftlich festhält, so muss sie diesem
widersprechen, wenn sie dessen Inhalt nicht
als richtig gegen sich gelten lassen will.
Das Schweigen bewirkt in diesen Fällen, dass
der Vertrag mit dem Inhalt des
Bestätigungsschreibens besteht.
Eine Ausnahme gilt nur, wenn die
Bestätigung vom wirklichen
Verhandlungsergebnis so weit entfernt, dass
der Bestätigende verständigerweise nicht mit
dem Einverständnis des anderen Teils rechnen
konnte. Oder wenn mit der Bestätigung eine
neue Bedingung aufgeführt wird, mit der der
Empfänger nicht zu rechnen braucht und die
überraschend ist.
Da die angesprochene Klausel im
Transportgewerbe allerdings häufig
anzutreffen ist, wird man sie nicht als
„überraschend“ qualifizieren können. Die
Klausel kann im Ergebnis also wirksam
vereinbart werden, wenn sie im
Bestätigungsschreiben steht und der andere
Teil ihrer Einbeziehung nicht widerspricht.
Nicht fracht- und machtlos. Geht man
davon aus, dass die Klausel
Vertragsbestandteil geworden ist, heißt das
jedoch noch nicht, dass der
Unterfrachtführer ohne Originale fracht- und
machtlos ist. Das Oberlandesgericht Celle
(Aktenzeichen 11 U 280/05) hat deshalb
entschieden: Soweit der Schuldner der
Frachtforderung ein Interesse an der
Aushändigung an den Original-Frachtpapieren
haben kann, um seinerseits Rechte gegenüber
Dritten (zum Beispiel seinen
Zahlungsanspruch gegenüber dem
ursprünglichen Absender) geltend zu machen,
sind seine Einwendungen gerechtfertigt und
die Übergabe der Original-Unterlagen ist
Fälligkeitsvoraussetzung für den
Zahlungsanspruch. Soweit der Schuldner
jedoch ein nachvollziehbares Interesse an
den Originalen nicht belegen kann, im
Extremfall sogar bereits Zahlung vom
Absender erhalten hat, darf er sich nicht
auf die Klausel berufen. Der Frachtanspruch
ist dann auch ohne Vorlage der
Original-Unterlagen fällig.
Dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle
hat sich auch das Amtsgericht Winsen/Luhe
angeschlossen (Aktenzeichen 23 C 495/08).
Damit dürften auch andere Gerichte in
solchen Fällen zu Gunsten des
Unterfrachtführers entscheiden.
* Der Artikel wurde erstmals in der
DVZ veröffentlicht. Die Ausführungen stellen eine erste Information dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell war. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte
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