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Freitag, 20.03.2020

Was kann ich als Käufer tun, wenn ich einen Neuwagen bestellt habe und er aufgrund der Corona-Krise nicht innerhalb der vereinbarten Lieferzeit geliefert werden kann?

mit FAQ vom 05.01.2022



von
Maria Christian
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verkehrsrecht

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1. Rechtsgrundlage

Zunächst sind insofern die Neuwagen-Verkaufsbedingungen heranzuziehen, die Teil des Kaufvertrags sind. Sodann ist zu unterscheiden, ob ein verbindlicher oder ein unverbindlicher Liefertermin vereinbart worden ist. 

In den Vertragsbedingungen heißt es beispielsweise, dass der Käufer nach sechs Wochen nach Überschreiten eines unverbindlichen Liefertermins den Verkäufer auffordern kann zu liefern. Mit dem Zugang der Aufforderung kommt der Verkäufer in Verzug.

Bei einem verbindlich vereinbarten Liefertermin kommt der Verkäufer bereits ohne Setzung einer Frist in Verzug, wenn er den Liefertermin oder die Lieferfrist überschreitet.

2. Rechte des Käufers

Der Käufer kann einen Anspruch auf Ersatz eines Verzugsschadens, wobei die vertraglichen Bedingungen oft Haftungsbeschränkungen enthalten.

Alternativ kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten und oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wobei er auch hier dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Lieferung setzen muss. 

Voraussetzung für diese Rechte des Käufers ist allerdings, dass kein Haftungsausschluss zu Gunsten des Verkäufers greift.

3. Höhere Gewalt?

Die Neuwagen Verkaufsbedingungen enthalten aber oftmals eine haftungsausschließende Klausel, wonach bei höherer Gewalt oder beim Verkäufer oder dessen Lieferanten eintretende Betriebsstörungen, die den Verkäufer ohne eigenes Verschulden vorübergehend daran hindern, den Kaufgegenstand zum vereinbarten Termin oder innerhalb der vereinbarten Frist zu liefern, die Termine und Fristen um die Dauer der durch diese Umstände bedingten Leistungsstörungen verlängert werden. Führen entsprechende Störungen zu einem Leistungsaufschub von mehr als vier Monaten, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten.

Im Rahmen der Corona-Krise, haben viele Lieferanten Betriebsstörungen, die die dazu führen, dass Lieferungen nicht eingehalten werden können. Das kann bereits als einschlägig gesehen werden. 

Zusätzlich stellt sich die Frage, ob die Corona / COVIT-19 / SARS-CoV-2 -Krise höhere Gewalt ist.

Höhere Gewalt ist ein von außen kommendes, betriebsfremdes und außergewöhnliches, auch mit äußerster Sorgfalt nicht abwendbare, unvorhergesehenes Ereignis. Darunter werden meist Naturkatastrophen (Wirbelstürme, Erdbeben oder Überschwemmungen), Epidemien, Kriege und politische Unruhen gefasst. Ein Indiz für das Vorliegen Höherer Gewalt können dabei behördliche Maßnahmen und (Reise-) Warnungen sein.

Bei Lieferschwierigkeiten kann man derzeit davon ausgehen, dass höhere Gewalt vorliegt, zumal die Corona-Krise nicht nur als Epidemie, sondern sogar als Pandemie eingestuft wird. Außerdem gibt es eine Vielzahl von behördlichen Maßnahmen (amtliche Reisewarnungen der Bundesregierung, Einstufung der WHO als gesundheitliche Notlage mit internationaler Tragweite, drohende oder bereits vorhandene Ausgangssperren, Einreiseverbote, Quarantänemaßnahmen, Ausrufen von Notständen usw.).

 

Damit muss sich der Käufer an den Kaufvertrag festhalten lassen. 

Auf Seiten des Verkäufers ist zu empfehlen, den Käufer so früh wie möglich über mögliche geänderte Liefertermine zu benachrichtigen, damit dieser sich darauf einstellen kann und - unabhängig von einer Schadenersatzhaftung dem Grunde nach - der Käufer seine Schäden möglichst gering halten kann.

 

Anders kann aber die Lage beurteilt werden, wenn man in der jetzigen Situation einen Neuwagen bestellen würde. Es spricht vieles dafür, dass sich der Verkäufer dann nicht auf ein unvorhergesehenes Ereignis und höhere Gewalt berufen kann.

FAQ - Stand 05.01.2022

1. Corona noch höhere Gewalt?

Wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Corona bekannt war, so kann sich der Verkäufer nicht mehr auf höhere Gewalt berufen. Gerade wenn er im Rahmen der Pandemie unverbindliche Lieferzeiten zusagt, muss er sich hieran grundsätzlich messen lassen.

Zu bedenken ist aber, dass immer noch der Haftungsausschluss der eintretenden Betriebsstörung greifen kann. Angesichts von Chip- und Rohstoffmangel, kann das durchaus nachvollziehbar sein.

2. Verkäufer kann nicht sagen, wann PKW geliefert wird, kann der Käufer vor Ablauf der 4 Monate vorzeitig den Rücktritt erklären?

Spätestens nach Eintritt des Verzugs und dann nach nochmaliger 2-wöchiger Fristsetzung kann der Rücktritt erklärt werden, aber wenn man ganz sicher gehen will, dass sich der Verkäufer nicht dann doch auf einen Haftungsausschluss beruft, sollte man die 4 Monate abwarten. Nur im Fall, dass der Verkäufer endgültig mitteilt, dass die Lieferung gar nicht oder nur deutlich später als unverbindlich vereinbart erfolgen kann, kann der Käufer den Rücktritt erklären.

3. Verkäufer bietet anderes Fahrzeug an, muss der Käufer das annehmen?

Viele Verkäufer bieten statt dem ursprünglich bestellten Fahrzeug ein anderes Fahrzeug mit einer etwas anderen Ausstattung an. Dadurch kann das Fahrzeug manchmal sogar etwas teurer sein als das ursprünglich bestellte Fahrzeug.

Der Käufer ist nicht verpflichtet dieses andere Fahrzeug anzunehmen. Wenn er das aber akzeptiert, muss sich der Käufer darüber im Klaren sein, dass es sich hierbei um eine vertragliche Änderung handelt und die Lieferfristen von Neuem beginnen. Denn auch das andere (Ersatz-) Fahrzeug kann möglicherweise unerwartet ebenfalls nicht dann geliefert werden, wie es unverbindlich zugesagt wurde.

4. Verkäufer liefert nicht, kann Käufer Mietwagen verlangen?

Der Käufer kann erst nach Eintritt des Verzugs einen Anspruch auf einen Mietwagen haben, aber das ist in der Praxis schwer durchzusetzen, denn angesichts vielfach verbreiteter Lieferschwierigkeiten gibt es oftmals keinen Mietwagen, der zur Verfügung gestellt werden könnte. Wenn der Verkäufer nicht freiwillig einen Mietwagen zur Verfügung stellt, kann ein anwaltliches Schreiben hier aber dennoch oftmals Abhilfe schaffen.

5. Unverbindliche Lieferung wird z.B. angegeben mit „schnellstens“ oder „baldmöglichst“.

Dies ist zumindest bedenklich, denn aus Sicht des Verbrauchers ist dieser nicht in der Lage den Verzug zu berechnen. Andererseits hat sich der Verbraucher auf diese Vereinbarung eingelassen und ist daher grundsätzlich zulässig. Wie lange allerdings letztlich der Verbraucher warten muss und wann er mit der Lieferung des Fahrzeugs rechnen kann, ist schwer zu beantworten. Das OLG Köln meint, dass der Käufer eine Belieferung spätestens 12 Wochen nach Vertragsschluss erwarten kann, wenn der Verkäufer zugesagt hat, den bestellten Pkw der Luxusklasse „schnellstmöglich“ zu liefern. Das Urteil datiert allerdings vom 31.07.1991, OLGR 1992, 36. Ob das heute noch so übertragbar ist, erscheint fraglich, zumindest aber können die allgemeinen Fahrzeugbedingungen eine grobe Orientierung bieten. 

Lassen Sie sich von uns beraten, wir helfen Ihnen bei Vertragsstörungen rund um Ihren Neuwagen gerne weiter.

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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