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In einer Entscheidung hatte sich das OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2021, Verg 13 / 21 mit der Frage zu beschäftigen, ob der Vergaberechtsweg auch deshalb eröffnet sein kann, weil der Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung fälschlicherweise explizit eine bestimmte Vergabekammer als Vergabenachprüfungsinstanz angegeben hat.
Der Auftraggeber (AG), hier eine Bundesbehörde, schrieb am 12.10.2020 einen Bauauftrag zur Beschaffung eines Brückenbaus über eine Bundesautobahn im Unterschwellenberiech, europaweit aus. Nachdem die AG nach Angebotsöffnung am 20.11.2020 die Antragstellerin (AST) aufforderte, ein Formblatt bis zum 26.11.2020 nachzureichen, legte die AST das bereits mit dem Angebot vorgelegte Formblatt inhaltsgleich erneut mit Schreiben vom 25.11.2020 vor. Mit Informationsschreiben gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1 GWB vom 11.12.2020 informierte die AN die AST über deren Angebotsausschluss, aufgrund der Nichteinreichung der geforderten Unterlage. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.12.2020 rügte die AST ihren Angebotsausschluss als vergaberechtswidrig., weil die Nachforderung des Formblattes unzulässig gewesen sei. Weil die AG der Rüge mit Schreiben vom 17.12.2020 nicht abgeholfen hat legte die AST am 18.12.2020 Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Südbayern ein, welche von der AG in der Auftragsbekanntmachung als zuständige Vergabenachprüfungsinstanz aufgeführt war.
Unabhängig vom konkreten Fall führt das OLG Düsseldorf aus, dass es für die Statthaftigkeit des Nachprüfungsantrages gemäß § 106 GWB grundsätzlich auf die Erreichung oder Überschreitung der erforderlichen Schwellenwerte ankommt. Das Vergabenachprüfungsverfahren des 4. Teils des GWB sei demnach bei der Vergabe von Bauaufträgen derzeit gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. Art. 4 lit. a) der Richtlinie 2014/24/EU i.V.m. Art. 1 Nr. 1 lit. a) der Delegierten Verordnung (EU) 2019/1828 der Kommission nur eröffnet, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer 5.350.000 € erreicht oder überschreitet, soweit dieser Schwellenwert bereits zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens gegolten hat. Soweit die ursprüngliche Auftragswertschätzung der AG aber unter diesem Schwellender liege, sei der Vergabenahprüfungsantrag unstatthaft.
Das OLG stellt klar, dass aber insoweit die AST in ihrem Vorbringen „Anhaltspunkte“ vorgetragen hätte, die für die Erreichung oder Überschreitung der Schwellenwerte sprächen (was im konkreten Fall nicht geschehen ist) ODER der Senat in der elektronischen Vergabeakte solche Hinweise gefunden hätte, (gemäß § 163 Abs. 1 GWB gilt im Vergaberecht der Untersuchungsgrundsatz) der Vergabenachprüfungsantrag auch entgegen der Schätzung der AG vor der Vergabekammer zulässig gewesen hätte sein könnte.
Jedenfalls ist der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht etwa deshalb eröffnet, weil die AG in der Auftragsbekanntmachung auf die Vergabekammer Südbayern als Vergabenachprüfungsinstanz hingewiesen hat. Die Eröffnung des Vergaberechtswegs ist von objektiven Voraussetzungen abhängig, zu denen die Erreichung des Schwellenwerts gemäß § 106 GWB gehört. Sie wird nicht durch die subjektiven Vorstellungen der Verfahrensbeteiligten bestimmt.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt ganz klar auf, dass der Vergaberechtsweg streng formaljuristisch zu beurteilen ist, Maßgeblich ist - wie bei allen Sachurteilsvoraussetzungen - die objektive Rechtslage.
Der Vergaberechtsweg ist demnach eröffnet, wenn:
· Die maßgeblichen Schwellenwerte überschritten sind,
· Die maßgeblichen Schwellenwerte nicht überschritten sind aber die Antragstellerin
§ Anhaltspunkte vorträgt die für die Überschreitung der Schwellenwerte sprechen,
§ Die Vergabekammer Anhaltspunkte in den Vergabeunterlagen findet, die für die Überschreitung der maßgeblichen Schwellenwerte sprechen.
Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.