Rechtsanwalt Karl Heuser, Rechtsberater in Koblenz
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Donnerstag, 31.10.2024

Verstoß gegen Vergaberecht

Der Beamtenstatus kann verloren gehen



von
Karl Heuser
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Vergaberecht

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Kann ein Beamter seinen Beamtenstatus verlieren, wenn er gegen das Vergaberecht verstößt? Ja! Der Verstoß gegen das Vergaberecht kann den Verlust des Beamtenstatus mit sich bringen, obwohl es kein Vergabestrafrecht gibt! 

 

Sachverhalt: 

Der erste Bürgermeister einer bayrischen Gemeinde beauftragte zum Bau eines Dorfladens einen Dritten mit der Veröffentlichung und der Durchführung eines Vergabeverfahrens um diese Baumaßnahme zu realisieren. Hierzu wurde bei der zuständigen Behörde ein Antrag auf Förderung gestellt, welcher förderfähige Ausgaben in Höhe von ca. 220.000,00 Euro vorsah. Die Behörde bewilligte daraufhin den Antrag und erließ einen Zuwendungsbescheid über eine Förderung in Höhe von ca. 54.000 Euro deren Gewährung an die Auflage gekoppelt wurde, dass sich die Vergabe nach den einschlägigen Vergabevorschriften zu richten habe. Nach der in diesem Fall für Baumaßnahmen einschlägigen VOB/A wären die Bauaufträge an das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen gewesen. Im Rahmen eines, von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten, Ermittlungsverfahrens konnte jedoch festgestellt werden, dass die Bauaufträge in einem freihändigen Verfahren durch Manipulationen, Preisabsprachen und wettbewerbsbeeinträchtigendem Verhalten des Bürgermeisters „direkt“ vergeben worden sind. Bei verschiedenen Gewerken seien u.a. Informationen über das Angebot weitergeleitet worden, Preisabsprachen getroffen worden und in einem Fall habe A einem unterlegenen Bieter eine Provision in Höhe von 10 % der Auftragssumme gezahlt. Wie das AG Regensburg weiter ausführt, sei im Ermittlungsverfahren festgestellt worden, dass ein Vergabeverfahren nur zum Schein durchgeführt worden sei, welches dazu führte, dass der Auftrag an das dem A gehörende Unternehmen vergeben wurde, um die bewilligten Fördermittel erhalten zu können. 

 

Dem Ermittlungsverfahren folgte eine Verurteilung des Bürgermeisters durch das Amtsgericht im Strafbefehlsverfahren wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung wegen Untreue und einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 270 Tagessätzen zu je 60 € wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Folge von dieser Verurteilung ist die Einleitung eines Disziplinarklageverfahrens. Wegen der Verurteilung und der damit festgestellten Vergabrechtsverstöße wurde die bewilligte Förderung durch die zuständige Behörde widerrufen. Nach Auffassung der zuständigen Behörde begründe die Feststellung von Vergaberechtsverstößen ein Widerrufsrecht des Zuwendungsbescheides. Der Bürgermeister wurde vorläufig des Dienstes enthoben

 

Die gegen den Widerruf der Zuwendung erhobene Klage der Gemeinde wurde erstinstanzlich abgewiesen. Gleichwohl ließ das Amtsgericht die Berufung zu, weil weder der entstandene Schaden in seiner Höhe feststünde, noch sicher vorhersehbar sei, dass der Bürgermeister aus dem Dienst entlassen werde. Der Bürgermeister stellte gegen seine vorläufige Dienstenthebung Antrag im einstweiligen Rechtschutz vor dem VG Regensburg auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung, weil keine Bindungswirkung des Strafbefehls existiere. Ein sog. „Vergabestrafrecht“ gebe es schlichtweg nicht. Die Strafrechtsordnung sehe keine Bestrafung wegen einer vergaberechtswidrigen Ausschreibung vor. Zudem habe er uneigennützig, im alleinigen Vorteil der Gemeinde gehandelt. Ein Dienstvergehen habe er in seiner Funktion als Bürgermeister nicht begangen, wodurch die Suspendierung und Entfernung aus dem Dienst nicht gerechtfertigt sei. 

 

Die zuständige Behörde entgegnete diesem Vorbringen, dass keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung bestünden, da Anhaltspunkte fehlten, die den, inzwischen rechtskräftig gewordenen, Strafbefehl in Frage stellten. Diese ließen sich auch nicht aus der Zulassung zur Berufung des Amtsgerichts ableiten. Schließlich sei der Schaden nach der Figur der schadensgleichen Vermögensgefährdung in Höhe der gewährten Förderungen entstanden. Das VG Regensburg folgt dem Vorbringen der zuständigen Behörde. Die vorläufige Dienstenthebung sei gerechtfertigt, weil nach summarischer Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Resultat eines Disziplinarklageverfahrens gegen den Bürgermeister eine Entfernung seiner Person aus dem Beamtenverhältnis folge, denn der Bürgermeister habe aufgrund des Verstoßes gegen § 47 Abs.1 S.1 BeamtStG, als kommunaler Wahlbeamter, ein Dienstvergehen begangen. Zudem sei die Klärung der in Streit stehenden vergaberechtlichen Rechtsfragen dem Disziplinarklageverfahren vorbehalten und könne im Rahmen der summarischen Prüfung des Verfahrens nicht beurteilt werden. Die zulässige Beschwerde des Bürgermeisters gegen den Beschluss des VG Regensburg blieb ohne Erfolg. Der VGH München bestätigte den Beschluss des VG Regensburg und die Beschwerde wurde zurückgewiesen. 

 

VG Regensburg, Beschluss v. 08.10.2019 – RN 10A DS 19.1669 

bestätigt in der Beschwerdeinstanz 

VGH München, Beschluss v. 10.01.2020 – 16a DS 19.2142.

 

Rezeption: 

Diese zunächst hart wirkende Entscheidung entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ähnlich entschiedene Fälle sind zu Hauf anzutreffen. Wird ein Beamter wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt, hat dies zwingend den Verlust seiner Beamtenrechte zur Folge. Der Gesetzgeber sieht in der Höhe der verhängten Strafe eine unwiderlegliche Vermutung für den Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung. Ist der Tatbestand der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen gemäß § 298 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit einem Subventionsbetrug erfüllt, kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass eine Vertrauensbeeinträchtigung anzunehmen ist. Auch die Absicht des Bürgermeisters, der Gemeinde einen Vorteil erbringen zu wollen und ohne Eigennutz zu handeln, ändert an der vorgenannten Beurteilung nichts. Insoweit spielt der gute Wille keine Rolle und kann an keiner Stelle des Verfahrens Berücksichtigung finden.  

 

Um zuvor genannte schwere Folgen zu vermeiden, die für einen Beamten sogar den Verlust seiner Pensionsansprüche bedeuten können, raten wird dem öffentlichen Auftraggeber dazu, dass bei Unsicherheiten und Zweifeln im Vergaberecht zunächst der Rat von Experten eingeholt wird, bevor bereits Maßnahmen eingeleitet werden, die unabsehbare Folgen lostreten und irreversibel sein können. Nach unserer Erfahrung bereiten besonders die mit den Fördermitteln verbundene Auflage zur Anwendung des Vergaberechts bei der Verwendung der Fördermittel große Schwierigkeiten. Wenn diese Auflagen überhaupt ernst genommen werden, bereitet die richtige Umsetzung zumeist große Schwierigkeiten. 

 

Es ist zudem zu beachten, dass der Fördermittelgeber berechtigt sein kann, ohne Anlass auch noch nach 10 Jahren die ordnungsgemäße Verwendung und Umsetzung der mit den Fördermitteln verbundenen Auflagen zu überprüfen, nämlich die ordnungsgemäße Umsetzung der Auflage zur Anwendung des Vergaberechts. Stellt sich hierbei ein Verstoß heraus, kann der Fördermittelgeber die gesamte Fördersumme zurückverlangen. In Anbetracht der Kosten die entstehen können, wenn das Vergabeverfahren fehlerhaft oder rechtswidrig durchgeführt wird, sind die Aufwendungen für eine rechtssichere Durchführung des Verfahrens gleichsam unbeachtlich. 

 

Insofern gilt das Sprichwort nicht: 

„Guter Rat ist teuer.“ 

In Anbetracht des zuvor Besprochenen muss das Sprichwort Anwendung finden:  

„Halte Rat - Vor der Tat.“

Die Ausführungen stellen erste Informationen dar, die zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung aktuell waren. Die Rechtslage kann sich seitdem geändert haben. Zudem können die Ausführungen eine individuelle Beratung zu einem konkreten Sachverhalt nicht ersetzen. Bitte nehmen Sie dazu Kontakt mit uns auf.


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